Hagelsturm bei Dnepropetrovsk

Fahrt über den Dnjepr, Richtung Norden. Löcher im Asphalt, der Regen hat eine schmierige Brühe hinterlassen. Am Stadtrand liegen die bewachten Wohnviertel der Neureichen. Mauern und Einlasskontrollen schützen vor der Wirklichkeit. Die ehemaligen sozialistischen Brigadiere spielen „Denver-  Clan“ oder „Die Truman-Show“. Schlösschen wäre eine wohlwollende Bezeich- nung für die meisten dieser Häuser.
Einhundertzwanzig Kilometer, der Hintern spürt es. Heute ist der Sattel besonders hart, ich polstere ihn mit einem T-Shirt, um die wunden Stellen zu entlasten. Ich esse Eis, schwatze mit einem Verkäufer von Korbmöbeln. Er produziert und verkauft auf eigene Rechnung, die Geschäfte laufen schlecht. Er kommt aus Chust in den Karpaten.
Ein Gewitter zieht auf, der Himmel verdunkelt sich. Laut Karte liegen zwanzig Kilometer freie Fläche vor mir, erst danach beginnen die Wälder. Der Wind weht heftig von der Seite, bald hagelt es. Die Eisstücke trommeln auf meinen Rücken, auf den Helm. Ich muss das Rad im schrägen Winkel halten, um nicht in den Graben geweht zu werden. Keine Möglichkeit zum Unterstellen. Kein Baum, keine Haltestelle, kein Dorf. Neben mir die LKW. Ich versuche meine Tritte mit dem Sog abzustimmen, den sie erzeugen. Hagel und Spritzwasser ermöglichen nur einen Gedanken: Jetzt weiß ich wieder, was Gemütlichkeit ist! Ich schaffe nur noch 12-13 km/h. Anhalten ist keine Lösung, ich will raus aus dem Eisregen. Dann nieselt es bloß noch, ich rolle ins nächste Dorf, kaufe Apfel-Saft, Wurst, Tomaten, Zwiebeln, Smetana, Waffeln und Kekse. Ich finde ein abgelegenes Waldstück auf einem Hügel, die Sonne scheint wieder, meine Kleidung trocknet.

8.7.2007

Themen: Tour de Wolga

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