Es fährt sich
Sonntag, Start der 3. Tour de Wolga Berlin – Saratov. Neun Monate habe ich keinerlei Sport getrieben, natürlich auch nicht das Radfahren trainiert. Anfangs die bange Frage: Ob das gesund ist – aufstehen, losfahren, sich verausgaben?Also beginne ich langsam, fahre am ersten Tag bequeme 119 km. Am zweiten Tag schon etwas anstrengendere 157 km, um nach Leszno zu kommen, zu Cezary, den ich vor einem Jahr kennen lernte. Er ist ein polnischer Marathonläufer, hat die Zimmerwand gefüllt mit Pokalen und Medaillen.
Am dritten, vierten, fünften Tag fahre ich schon wie im Rausch 148, 150, 187 km, vorbei an den REAL ROSSMANN MEDIA ALDI LIDL-MÄRKTEN, an den Konsumtempeln. Tatsächlich tun die Knie etwas weh, aber nicht während des Strampelns, sondern nachts und in den Ruhepausen zwischendurch.
Eine Serie von kleinen Unglücken: Erste Reifenpanne, kurz vor einer Tankstelle. Dort bemerke ich auch, dass der Pass durchweicht ist, denn es regnet seit Leszno, und die Lenkertasche hält den Regen kaum ab, und ich steckte den Pass in der Eile des Aufbruchs nicht in, sondern neben die Plastikhülle. Oh je, ausgerechnet das Visa für Russland hat einen Wasserfleck; später reißt gar die dritte Seite ein.
Nächster Ärger: Die einhundert Euro teure Lampe, für die der Hersteller „lebenslange“ Garantie (= 100 000 Betriebsstunden) gewährt, hielt gerade mal ein paar Stunden.
Auch eine Kontaktlinse reißt, anfangs fürchte ich, dass ein Rest im Auge steckt.
Dann zwei (oder wie viele) Tage kalter, schwarzer Regen. Die Zeit ist breiig an solchen Tagen; ich dachte an die Verräterin / Lügnerin, die mit gespaltener Zunge Sprechende. In den Wäldern zwar nur wenige Zecken, aber eine schafft es doch, sich unter meiner Achsel in die Haut zu bohren. Im Hotel in Kovel, schon in der Ukraine, herrscht deshalb große Aufregung; die Deschurnaja lief gleich mit mir in die Küche; ich dachte zuerst, sie wolle das Tierchen ausbrennen, aber nein, nur mit Essig bestreichen…
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