Schuh – und Machwerk

Oratif – Tynivka, 125 km (1760). Dieses Foto ist natürlich Ausdruck geistiger Unterforderung. Auch Ausdruck des Unvermögens, den Kitsch zu erkennen. Ein Jagdflieger als Romanfigur, das wäre etwa so schlimm wie Zirkusclown, Skispringer, Mann mit Gedächtnisverlust.
Je schwächer ein Roman, desto einfacher ist es, sich vorzustellen, in welcher Pose das Machwerk konsumiert wird. Der Leser eines Jagdflieger-Romans trägt wahrscheinlich plüschige Pantoffeln, und er onaniert nach jeder dritten Seite.
Schlechte Romane erkennt man übrigens auch daran, dass am goldenen Schnitt die pädagogischen und die Sexszenen angesiedelt werden. Der Autor denkt sich eine Orgasmusstruktur aus, statt sich dem Orgasmus hinzugeben. Der Coitus des Lesers ist die Belohnung für die Strafe des Zusammenseins mit dem Buch.
Apropos Schweinereien: Es ist eigentlich schwer erklärbar, weshalb die einzelnen Künste meist isoliert betrachtet werden. Ich selber glaube Literaturkritikern kein Wort, wenn sie nicht fähig sind, Literatur sowohl literaturhistorisch als auch im Vergleich mit Entwicklungen am Theater, im Kino, in der Malerei zu bewerten. Bzw. wenn sie nicht selber mindestens eine Kunst ausüben, sei es, im Chor zu singen oder ein Instrument zu spielen. Vergleichende Betrachtungen und Wissen über handwerkliche Abläufe stellen nämlich die eigenen Kriterien in Frage, sie ermöglichen eine kategoriale Beichte.
Die Maler genießen eine größere moralische Freiheit als die Schriftsteller. Das Wort dringt schneller und klarer ins Bewusstseins als das Bild, es tritt daher weniger direkt auf, es kann den Leser in die Wirkung genauer einbeziehen, ihn stärker verführen und manipulieren, es ist gefährlicher, weil es Formeln zum Abschreiben liefern kann. Tabu- und Geschmacksgrenzen sind in der Literatur enger gezogen.
Erstaunlich für die letzten fünfzig Jahre in Deutschland: Von der Malerei erwartet man Erkenntnisse, oft über die Zumutungen der Moderne; von der Literatur zumeist eine Darstellung des allseits Bekannten.

PS: Dem Radfahrer verzeihe ich dieses Foto angesichts seines Schuhwerks. Nach 5000 Kilometern sahen Füße und Sandalen dann so aus … (Privet, Valentina!)

Themen: Tour de Wolga

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