Miniatur von Saratov

Dieses Foto beweist, weshalb die Regeln der Kunst universell sind und weshalb in jedem Kunstwerk sich etwas Ungewolltes ausgedrückt. Es zeigt Saratov im Kleinen, im Vordergrund das historische, alte, zum oberen Bildrand aufstei- gend bis zur Gegenwart. Das Modell steht hinter einer Glasscheibe, gleich neben dem Lipki-Park im Zentrum der Stadt, es ist im Original mehrere Meter lang; hier ist ein Ausschnitt zu sehen.
Auf dem Foto sind die Details genau, und sie verweisen auf sich und auf etwas anderes. Die Glasscheibe ist nur im oberen Drittel zu erkennen, evtl. noch an dem hellen Kratzer, der am rechten Bildrand das Bild dynamisch teilt; das Glas legt über die Gegenwart einen Schleier und spiegelt doch in der linken oberen Bildecke das Alte mit dem Neuen – das Modell der Kirche mit den echten Türmen des Konservatoriums. Auch ist der Vordergrund scharf genug, den Raum doppelt entstehen zu lassen, den der Darstellung und den des Dargestellten.

Alle Aufenthalte zusammengezählt, habe ich etwa ein Jahr in Saratov verbracht; demnach habe ich das Modell dieser Stadt mehr als tausend Mal gesehen, bevor ich es fotografierte. Fotografieren wollte ich es mehrfach, doch es erschien mir unmöglich, auch nur ein brauchbares Bild zustande zu bringen – das Sonnenlicht steht fast immer ungünstig, morgens wie abends, und die Glasscheibe ist für einen fotografischen Laien wie mich etwa so ein Ding der Unmöglichkeit wie Stromleitungen.
Das Foto ist mir deshalb auch wichtig, weil es keine Menschen zeigt. Menschen will ich beschreiben bzw. sprechen lassen, nicht oder nur in Ausnahmen fotografieren.
Meine Vorstellung von Saratov konzentriert sich in diesem Bild, ich habe von ihm tatsächlich einige Jahre geträumt, bevor es in diesem Sommer zustande kam …

http://de.wikipedia.org/wiki/Oblast_Saratow
http://www.bogoljubow-freunde.de/akunstd.html

Themen: Tour de Wolga

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