„In der Gefahr wächst auch der Lebensmut“

Leben in der Ukraine: Mein gestriges Interview im hr-inforadio

Am Schluss war ich wieder zu emotional. Mein Herz ist zu weich. Ich bin nicht gemacht für den Krieg. Vielleicht gut so.
Aber im Tagebuch musste ich über dieses Ende noch einmal nachdenken:
Heute Morgen im Life-Interview mit dem Hessischen Rundfunk lautete die letzte Frage, ob es nicht schizophren sei, einerseits die Sonne genießen zu können, andererseits „Im Schatten des Krieges“ zu leben (So der Titel meines am 06.06. erscheinenden Kriegstagebuchs.)
Nicht schizophren, sondern surreal, antwortete ich. Denn in der Schizophrenie werden ja klassischerweise nur zwei Kammern des Bewusstseins genutzt, deshalb tut es ja so weh, weil die Vielfalt unterdrückt wird; es ist auf die Spitze getriebenes manisches Schwarz-Weiß-Denken, eine Karikatur kleinbürgerlichen Denkens und Handelns.
Surreal aber bedeutet Gleichzeitigkeit vieler Wirklichkeiten, deren Gleichzeitigkeit nahezu unverständlich ist und deren Formen allen Erwartungen widersprechen.
Das zu erklären war in der Morgensendung zwischen Wetterbericht und Politik natürlich keine Zeit. Aber ich nannte ein Beispiel – dass manchmal schon zufällig auf der Straße gehörte Gesprächssplitter surreal wirken, etwa wenn eine Frau am Telefon erzählt, dass sie jetzt eine Wohnung „mit Wasser“ habe. Mit Wasser!
Eine Wohnung mit Wasser war für diese Frau etwas Unwirkliches, Schockierendes, Wunderbares. Nicht zu glauben, surreal. Der Krieg, das ist die Wirklichkeit, die Salvador Dalí oft gemalt hat.

https://www.hr-inforadio.de/podcast/aktuell/leben-in-der-ukraine-in-der-gefahr-waechst-auch-der-lebensmut,podcast-episode-102274.html

Themen: Russland - Ukraine

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