Nüchterne Selbstorganisation

Poltawa, 05.09.2025
Hätte mir jemand vor einigen Jahren prophezeit, dass ich heute als Auto-Ankäufer und Auto-Fahrer tätig sein werde – ich hätte nur mit dem Zeigefinger an meine Stirn getippt.
Aber so ist es. Wobei ich noch in der Ausbildung bin. Gestern zum Beispiel habe ich nicht erkannt, dass der Pickup, den wir in Lviv kaufen wollten, für die Brigade nicht geeignet ist – während es die Profis dort sofort sahen.
Inzwischen war aber ein geeigneter Pickup in der Schweiz schon verkauft worden, für den wir Interesse angemeldet hatten.
Das war der Stand heute morgen. Viel Arbeitszeit für nichts, viel Hin und Her zwischen mir und einer Ratgeberin, dem Verkäufer, einem Mechaniker, der NGO, der Brigade.
Ich wollte eigentlich einen neuen Rekord aufstellen und in weniger als drei Wochen der Brigade das gewünschte Auto übergeben, aber das ist nun nicht mehr zu schaffen.
Nun hat glücklicherweise die Brigade selbst in Polen einen Pickup gefunden wie wir ihn brauchen. Ich muss nur die Spendengelder überweisen und kann dann das Auto in Kyiv abholen und gen Donbas bringen. Alle Probleme haben sich in Wohlgefallen aufgelöst. Weil (fast) jeder mitdenkt, selbständig handelt, sich mit den anderen abstimmt. Klare nüchterne Selbstorganisation. Keine Vorwürfe, wenn jemand einen Fehler macht. Ein einziges Mal habe ich in den letzten Wochen mit einem Sergeanten geschimpft, weil er nicht klar genug gehandelt hatte. Wir hatten verabredet, dass ich das Auto gen Donbas bringe. Ich war schon fast dort, da wollte er, dass ich zurück nach Kyiv fahre und sie dort das Auto übernehmen.
Was mir gefällt an dieser Arbeit: Die Herausforderung, Probleme zu lösen. Die vielen überraschenden Wendungen. Und vor allem natürlich: die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite. Die Art und Weise der Zusammenarbeit. Einander helfen ohne Pathos.

Themen: Russland - Ukraine

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