Methode Wagenknecht

Deutschland aus der Ferne betrachtet. Im 2. Kriegsjahr nach deutscher Zeitrechnung. Im neunten nach ukrainischer. 
Im Informationszeitalter sollte man eigentlich wissen, dass Informationen mithilfe von Rauchzeichen genauer übertragen werden können als mithilfe elektronischer Geräte und Programme. Mit ersteren teilt man nur etwas Wesentliches mit, letztere übermitteln durchschnittliche Meinungen.

Über 700.000 Menschen haben die Wagenknecht/Schwarzer-Petition unterschrieben, wird in deutschen Medien reih auf reih ab behauptet. Mächtig gewaltig, Egon.
Tatsächlich kann niemand wissen, ob das stimmt. Das „Unterschreiben“ der Petition besteht darin, dass man einen Namen und eine Emailadresse einträgt und bestätigt. Die Identität der Menschen wird nicht überprüft. Oder wo sie herkommen. Vielleicht aus russischen Troll-Fabriken. Vielleicht aus Absurdistan.

Demagogie als Geschäftsmodell funktioniert weiterhin sehr gut. Man diskutiert allen Ernstes, wer mehr Kriegsverbrechen begeht, Russen oder Ukrainer.
Das ist schwer zu verdauen. Die Frage ist derart obszön, dass sich eine Antwort eigentlich erübrigen sollte.
Sarah Wagenknecht – Deutschlands erfolgreichste Verbreiterin von Halb- und Viertelwahrheiten – behauptete in einer politischen Sendung:
„Die Uno-Menschenrechtskommissarin hat immer wieder darauf hingewiesen, auch in diesem Krieg: Kriegsverbrechen werden von beiden Seiten begangen, und wenn man sie beenden will, dann muss man diesen Krieg beenden.“ Es sei müßig, darüber zu sprechen, „welche Seite mehr Kriegsverbrechen begeht“.
Die Sendung ist sogar eine der wenigen im deutschen Fernsehen, in der die geäußerten Meinungen Faktencheks unterzogen werden. Das versuchten der Moderator und die Redaktion dann auch, aber man merkte schnell, dass sie das Übertragen von Informationen doch lieber mithilfe von Rauchzeichen hätten versuchen sollen. Wie auch am nächsten Tag, als sie ihre Faktencheks neuen Faktencheks unterzogen.

Die Methode Wagenknecht müsste man inzwischen eigentlich erkannt haben.
Hier ein Beispiel für eine ihrer Viertelwahrheiten: „12.000 junge Männer wurden nach ukrainischen Angaben an der Grenze festgesetzt, weil sie fliehen und nicht zum Militärdienst wollten. Das zeigt, dass die Stimmung (!) in der Ukraine nicht so eindeutig ist, wie sie dargestellt wird.“
So die Linke-Politikerin Sarah Wagenknecht im neuen SPIEGEL-Interview.
12.000 junge Männer sind etwa 0,5 Prozent aller jungen Männer in der Ukraine. Aber diese verschwindend kleine Minderheit „beweist“ der Linken-Politikerin, dass in der Ukraine die Entschlossenheit, weiter zu kämpfen, nicht eindeutig sei.
„Die meisten Menschen in der Ukraine haben vor allem das Bedürfnis zu leben“, meint sie – als ob die kampfbereiten nicht leben wollten.
Sie erwähnt aber nicht die Zahl der Ukrainerinnen und Ukrainer, die aus dem Ausland in die Ukraine zurückgekehrt sind, um hier zu kämpfen. Das waren nämlich schon im ersten Kriegsmonat mehrere Zehntausend.
Sie greift also willkürlich eine Zahl heraus, um ihre Behauptungen zu illustrieren. Selbstverständlich macht sie das angeblich nur aus Sorge um die Menschen, wobei sie deren Meinungen nicht zur Kenntnis nimmt.
Der Linke-Politiker Bartsch erzählt das gleiche Märchen: „Wer sagt denn, dass das ukrainische Volk mehr Waffen will? Die meisten Ukrainer wollen einfach nur, dass der Krieg endet und sie in Freiheit leben können.“
Wagenknecht sagt, sie „bekomme Mails von Ukrainerinnen, die zurzeit in Deutschland leben und Angst haben, was aus ihren Männern oder Söhnen wird.“ Und Ukrainerinnen in der Ukraine haben keine Angst um ihre Männer und Söhne?
Und warum erinnert ihre Aussage „Ich bekomme Emails“ an Gregor Gysis Behauptung nach der Maidan-Revolution, er bekomme Emails von „verfolgten“ Juden aus der Ukraine – zu einer Zeit, da die jüdischen Organisationen in der Ukraine öffentlich erklärten, dass in der Ukraine keine Juden verfolgt werden?

Wollte man wie Honore de Balzac eine Menschliche Komödie über die Gegenwart schreiben, so müssten Figuren wie Wagenknecht, Bartsch und Gysi darin prominente Plätze einnehmen.
Und die Redakteure, Journalisten und Journalisten, die solche Wahrheitsverdreherinnen in ihre Sendungen einladen, ohne deren Angaben live zu überprüfen, ebenso. Balzac verstand es bekanntlich meisterhaft, die „verborgenen“ Motive hinter menschlichen Handlungen darzustellen. Aber das ist ein Romanthema. 

zu „700.000 unterzeichnet“:
heute-show 7:10
https://www.youtube.com/watch?v=40ayL0bIlaM

Themen: Politik und Gesellschaft

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