Max

Kaum habe ich Saratov verlassen, nach etwa 100 km, das erste Gewitter. Als es heftiger regnet, warte ich in einer Bushaltestelle. Neben mir eine Bäuerin im Pullover, meinen Gruß beantwortet sie, dann starrt sie wieder auf die Straße. Ich fantasiere mir allerlei Zeug zusammen, wie sie wohl leben mag, während ich sie von der Seite mustere. Der Regen lässt nach, ich fahre weiter. Da kommt mir ein Radfahrer entgegen. Ein Westler, das verrät der erste Blick. In mir vermuten manche Verkäuferinnen einen Russen aus dem Baltikum, manchmal auch einen Polen („Polake?“). Er fährt eine teure Ausrüstung, alles vom Feinsten; er könnte auf einer Fahrradmesse Modell stehen.
Ich habe mein Fahrrad extra hässlich gestrichen; der Fahrradhändler in Saratov (http://alltech.com.ru) bemerkte es und lobte meine Vorsicht. Ich musste den hinteren Mantel wechseln lassen, 60 Euro kostete der Spaß, aber der Reifen hielt bis Berlin und ist noch in einem brauchbaren Zustand (Firma „Schwalbe“). Der Händler leistete wirklich gute Arbeit, selbst das Vorderlicht funktionierte 2000 km. Er war selbst von Saratov bis in den Kaukasus gefahren, man ist unter Brüdern.

Nach kurzem Gruß können wir uns deutsch verständigen – Max kommt aus München und will über Kasachstan nach Singapur. Er habe schon lange erwartet, einen Deutschen zu treffen, meint er. An der Fahrradstange hat er eine Kamera befestigt, TV-tauglich. Angst vor Diebstahl habe er nicht, auch er lässt Fahrrad und Gepäck unbeaufsichtigt beim Einkaufen oder Essen in Restaurants, erzählt er. Das finde ich nun doch ein bisschen riskant. Ein noch größerer Traumtänzer als ich, offenbar. Russisch spricht er nicht, wie er gesteht. Keine zehn Worte. Er könne sich nicht die Namen der Städte merken, in denen er sei. Die nächste Stadt sei wohl Seratov? Ich empfehle ihm für Saratov einen Besuch im Deutschen Lesesaal, er nimmt den Tipp dankbar an, schreibt sich Adressen auf. Aber später lese ich auf seiner HP, dass er durch die Stadt irrte. Aber er hat 15 Firmen als Sponsoren und Ausrüster… Und keine Zeit, zehn Sätze Russisch zu lernen? Ach, es sei nicht nötig, meint er, er komme auch so ganz gut voran.

Er würde wohl gern noch länger reden, ein paar Episoden tauschen wir noch aus. Dann will ich weiter. Wenn ein Restaurant in der Nähe wäre, könnten wir zusammen etwas essen. Aber hier ist nur ein Birkenwald. Vielleicht zwanzig Minuten dauert unser Gespräch. Er wird nicht bis Singapur kommen, für China erhält er kein Visum, deshalb fliegt er von Kasachstan nach Thailand, fährt in Asien weiter … Viel Glück, Max! Bewahre dir dein Gottvertrauen! (Max: www.what-a-trip.de)

Themen: Tour de Wolga

Ein Kommentar to “Max”

  1. Max schreibt:
    3rd.September 2008 um 15:20

    Vielen Dank, mein Gottvertrauen hab ich noch. Soweit hat das auch ohne Probleme funktioniert. Bestohlen wurde ich noch nicht und auch hier in Thailand kommt mein Schloss selten zum Einsatz! Nach Singapur werde ich es schon noch schaffen nur leider nicht komplett aus eigener Kraft. Ah ja und als ich aus Kasachstan ausgereist bin war mein Wortschatz auf 33,5 Worte gestiegen. Nicht schlecht, oder? Nachdem du die Strecke nun schon zwei Mal gefahren bist, ueberlege dir doch fuer den naechsten Trip nach Sued-Ost Asien zu gehen. Nette Gegend….

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