Zwei Veteranen
Ich dachte, die Nacht sei schon vorbei, da schlug der wilde Vasja vor, wir sollten einen Veteranen besuchen, einen 90jaehrigen Kriegshelden.
Vasja, welcher 90jaehrige moechte kurz vor Mitternacht Besuch empfangen?
Du kennst unsere Veteranen nicht.
Wir stolperten also ueber die Dorfstarssen in Velika Novasilka, Tochter Julka gaehnte, und Vasja erzaehlte, dieser Kriegsheld sei sein Lehrer gewesen, wo und wann auch immer.
Vasja war selbst im Kriege, er sollte in Afghanistan den Kommunismus oder was auch immer aufbauen errichten, heimgekehrt ist er mit zerschossenem Bein und traurigen Augen.
Der alte Mann schlurfte tasaechlich durch den dunklen Garten, oeffnete das Tor, fuehrte uns in die Kueche, auch die Frau kam hinzu.
Was dann begann, war ein Heldenepos, ein Naturschauspiel ganz unerwarteter Art. Auf den Beinen halten konnte sich der Alte kaum, aber er stand doch, und schlug nach starken, heftigen Worten auf Stuhl und Tisch.
Was, ein Gast aus Deutschland? Davai, jetzt muss aufgetischt werden!
Und zwar alles, was die Kueche hergibt! Das war, ehrlich gesagt, nicht viel. Es war das Letzte, was sie hatten. Nudeln, Kekse, ein Stueck Wurst, drei Bananen.
Jedesmal, wenn der Alte zum Kuehlschrank oder zur Tuer hinaus ueber den Hof sich kaempfte, schien es, als koenne dies sein letzter Schritt sein, als wuerde er vor der Tuerschwelle gleich ins Grab fallen.
Aber wehe! wir wollten ihn stuetzen, wehe! auch nur im Dunkeln leuchten.
Wir wir die Deutschen besiegt haben, so siegen wir auch auf dem Hof!
Ich fragte, wie lange sie verheiratet seien.
Da wurde Viktor Grigorjevitsch ganz weich und streichelte seiner Frau ueber die Wangen und sagte: Sie war meine erste Frau. Geheiratet haben wir nach dem Krieg.
Er hatte laengst seine Jacken mit den Orden angelegt. Vasja sprach mit ihm so ehrerbietig, wie ich es noch nie an ihm erlebt hatte.
Dennoch verriet er sich nicht, sondern sagte: Mein Krieg war nicht gut.
Er zeigte die Narben auf der Brust, in der Hoehe, wo Viktor Grigojevitsch die Orden haengen hatte.
Der Alte knirschte mit den Zaehnen und sagte nichts, auch nicht: „Fehler kommen vor“.
Noch ernster schwieg er, nachdem Vasja gefragt hatte: Viktor Grigojevitsch, welche waren schlimmer, unser NKWD oder die SS?
Mir fiel das Brot aus der Hand. Selbst Julka gaehnte nicht mehr. Der Alte, der schon die ganze Zeit veraechtlich auf jeden Zweifel an seiner Staerke reagiert hatte, strich nach langer, langer Zeit Julkas uebers Haar.
Iss, Kleine, sagte er.
Themen: Tour de Wolga
Kommentare geschlossen.