Mein Bericht im Stern über Velika Novosilka im Donbas
Vor dem Krieg machte unser Autor im Donbass-Städtchen Velika Novosilka oft Urlaub – ein Blick zurück
Vom Donbass-Städtchen Velika Novosilka aus hat die ukrainische Armee vor wenigen Tagen den wichtigsten Vorstoß ihrer Offensive gestartet. Unser Autor hat dort vor Kriegsbeginn oft Urlaub gemacht. Blick zurück in eine untergegangene Welt.
Es gibt nur wenige Orte, an denen ich so glücklich war wie in Velika Novosilka. Ich liebte es, dort mit meinem Freund Wasja durch die Kneipen zu ziehen, gute Leute zu treffen, ein Gläschen zu trinken und einheimische Delikatessen zu probieren. Oder nachts Krebse in einem der drei Flüsschen zu fangen, die an der Siedlung mit ihren 6000 Einwohnern vorbeifließen. Was für schöne Namen sie tragen: Schaitanka, Mokrye Jaly und Kaschlagatsch – auf Deutsch bedeuten die: Zum Teufel, Nasses Mitleid, Husten. Alle mit reinem Wasser und schmackhaften Fischen, Barschen und Welsen. Sie fließen durch Laubwälder und Wiesen, Steppen und Felder. Typischer Donbass, wunderschönes Erholungsgebiet. Industriebetriebe gibt es keine, was die Einheimischen sehr bedauern. Der nächste Kohleschacht ist Dutzende Kilometer entfernt.
Jetzt vergeht kein Tag ohne Velika Novosilka in den Frontberichten und Weltnachrichten. Von dort starteten die Ukrainer vor einigen Tagen ihre derzeit wohl wichtigste Offensive in den Süden, Richtung Asowsches Meer. Sie stoßen auf harte Gegenwehr der Russen, können aber täglich etwa einen Kilometer vorrücken und mehrere Dörfer befreien.
Fünfzehn Monate lang ist es den Russen nicht gelungen, Velika Novosilka westlich von Donezk einzunehmen. Jedoch war die Siedlung die ganze Zeit in Reichweite der russischen Artillerie und ist nun fast vollständig zerstört. 40 Menschen leben dort noch in einem Bunker unter der Schule, im vorigen Jahr waren es maximal 177. Darunter einige meiner Freunde.
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