Macbeth aus Moskau – der Krieg als Tragödie
Notizen zum Krieg (9), 25.07.2024
Das Erdöl sträubt sich gegen die Einteilung in fünf Akte, wusste Bertolt Brecht. Es ist an zu vielen Orten und in zu vielen Formen gleichzeitig. Man kann es nicht in die Tasche stecken, im Gegensatz zu Gold- oder Silbermünzen oder Edelsteinen. Sein symbolischer Gehalt ist gering, sein Anblick nicht verführerisch, man will es nicht trinken oder wie einen Ring oder ein Armband auf der Haut tragen.
Um Erdöl wurden Kriege geführt, aus Erdölprodukten wurden Erdöl verarbeitende Industrien aufgebaut, die Erdöl verbrauchende Produkte herstellten, die Erdöl verbrauchende Infrastruktur benötigten, ebenso wie für die Entsorgung der Erdölprodukte. Heute verbraucht die Menschheit ungefähr 15 Milliarden Liter Erdöl pro Tag.
Westliche Gesellschaften wirken oft wie Parodien ihrer selbst, nicht erst seit heute, in der Epoche der Effekthascherei. Einerseits garantieren sie Meinungs- und Forschungsfreiheit so umfassend wie niemals zuvor in der menschlichen Geschichte, andererseits sind sie weitgehend unfähig sich selbst zu erkennen, ihre existentiellen Gefährdungen, die Grenzen ihrer Fähigkeiten und ihres Erkenntnisvermögens. Ob liberal-demokratisch, links- oder rechtsradikal, alle politisch denkenden Subjekte haben nur begrenzte Horizonte. Das wäre zunächst nicht weiter schlimm (existenzgefährdend), wären sie sich dessen bewusst und würden sie es öffentlich thematisieren. Aber Unwissenheit gilt als Schwäche, obwohl Allwissenheit unerreichbar ist. Ohne Irrtümer könnte man ja nichts lernen, aber Irrtümer öffentlich zuzugeben gilt als schambesetzt, was bekanntlich auf Gewissenskonflikte hindeutet.
Ein Musterbeispiel ist das Verhältnis des Westens zu Russland. Dieses sträubt sich nicht gegen die Einteilung in fünf Akte, es ist ergiebiger Stoff für Tragödien. Wie in Shakespeares Macbeth könnten zuerst drei Hexen auftreten, die dem König von Schottland / dem Herrscher im Kreml prophezeien, er könne Europa beherrschen und sich die freien Völker unterwerfen. Auch im echten Kreml sind ja Astrologen und Schamanen unter den Ratgebern des Herrschers, je nach Windrichtung der Feuer im Kremlhof raten sie zu Krieg oder Frieden, zum günstigsten Zeitpunkt für Mord und Totschlag.
Wer Vorhersagen trifft, die der Macht gefährlich werden können, wird in der Psychiatrie interniert – wie der sibirische Schamane Gabyschew, der Putin durch bloßes Wandern aus dem Kreml vertreiben wollte. Er ist allerdings auch kein staatlich zertifizierter Schamane. Wo ist er übrigens? Wie geht es ihm?
Von Anfang an muss in dieser Tragödie deutlich werden, dass der kollektive Macbeth im Rausch der Macht über die Weltbühne taumelt. Er hält sich für unbesiegbar, aus bekannten Gründen, Atomwaffen etc.
Zur Tragödie wird der Stoff natürlich erst durch das Verhalten des westlichen Widerparts, die Selbstgefälligkeit, Gutmütigkeit und Gier der Reichen, derjenigen, die „in Schokolade“ leben. König Duncan und seine Söhne. Der kollektive Macbeth liebt es, mit ihnen zu spielen, ihnen Angst und Schrecken einzujagen. Dass die Reichen Frieden wollen ist keine Überraschung. Dass sie lieber Austern essen als im Drei-Schicht-Betrieb Granaten zu drehen – normalno. Buchhalterisch betrachtet geht es im friedlichen Wettbewerb allen besser. Aber Macbeth denkt und handelt nicht (bloß) buchhalterisch, ökonomisch-kapitalistisch. Er muss mitansehen, wie seine jungen Leute zu den Reichen laufen, weil sie lieber reich und friedlich leben wollen, als rechtlos in Armut. Die Reichen können kaufen was sie haben möchten.
Die Ukrainer übernehmen in diesem Drama den Part der Idealisten, sie sind bereit für ihre Ideale zu sterben. Da sie die Schwächsten sind (waren), sind (waren) sie auch die Friedlichsten. In einer Tierfabel könnten sie Bienen sein, fleißig, friedlich, farbenfroh, doch wenn man sie ärgert oder gar verjagen oder töten will, werden sie sehr böse und sehr gefährlich sein. In der Tragödie sollte ein Liebespaar ihren Part spielen.
15th.August 2024 um 18:21
Wer die Macht über 11 Zeitzonen verfügt, kann vom Rausch dieser Macht überwältigt werden, sollten keine vernunfsbezogenen Warneinrichtungen bestehen. Zu groß ist die Gefahr, im Taumel der Allmacht den Überblick und das Gespür für Details zu verlieren. — Dass alle Reichen dieser Erde den Frieden wollen, halte ich für ein Imagine (J.L.). Shakespeares Tragödie sollte eigentlich abschreckend auf den Missbrauch von Macht wirken. Egozentrischen Diktatoren jedoch, ist der Zugang zur allumfassenden Weisheit versperrt, dass das Äquilibrium nur über Gelassenheit erreichbar ist.
28th.August 2024 um 14:29
Sehr geehrter Herr Brumme,
Es ist schon einen Monat her, dass Sie etwas in Ihrem Honigdachs-Blog veröffentlicht haben. Ihre Leser und Unterstützer warten auf Ihre Beobachtungen oder Berichte über Ihre Reise in das Land der Deutschen.
Mit freundlichen Grüßen—
G. Moschak
tel. 0673655455