Hysterie in Moskau
Im westlichen Ausland wird oft über Schwierigkeiten der Ukrainer berichtet. Manche Zeugen des Sofas erzählen seit Beginn der großflächigen Invasion, dass die Ukrainer überhaupt keine Chance hätten sich zu verteidigen. Deutsche Reporter, die mal für ein paar Tage ins Land kommen, verfassen gern „Stimmungsberichte“ und glauben feststellen zu können, dass „die Stimmung“ immer schlechter werde.
Was passiert währenddessen auf russischer Seite? Um das zu beurteilen genügt es nicht, materielle / militärische Ressourcen zu vergleichen. Wichtig ist es m.E., die sich verschärfenden antagonistischen Widersprüche zu untersuchen. Das habe ich für die NZZ getan.
„Je länger der Krieg dauert, desto weiter klafft der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit auseinander, zwischen den deklarierten Kriegszielen «Denazifizierung» und «Demilitarisierung» der Ukraine und den peinlichen militärischen Erniedrigungen, die Russlands Armee in diesem Krieg schon kassieren musste.
Geplant war ein räuberischer Spaziergang, ein Blitzkrieg mit fetter Beute, bestehend aus strategisch wichtigen Rohstoffen und 33 Millionen Hektaren Ackerfläche, aus Seehäfen, Fabriken und Immobilien, und auch mit Millionen treu ergebener Untertanen. Doch die Ukrainer wollen keine Panzer in ihren Gärten haben und keine fernöstlichen Plünderer in ihren Wohnungen. Sie wollen nicht geknechtet und nicht mit Sprech- und Sprachverboten eingeschüchtert werden und nicht rechtlos in einem unerbittlichen Staatswesen leben. Mehr als 300 Jahre russischer Kolonialgeschichte waren für sie eine blutige Lehrzeit, mit unzähligen von Moskowitern angeordneten Massenmorden und Massendeportationen.“
https://www.nzz.ch/meinung/wer-schuetzt-den-himmel-ueber-russland-die-ukrainer-fuehren-den-kreml-vor-ld.1849190
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