Notizen zum Krieg (12)
Poltawa, 13.12.24
Gestern habe ich zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder getanzt, allerdings nicht ganz nüchtern. Nachdem wir die humanitären Hilfsgüter wie Feuerlöscher, Winterkleidung und Spielzeug und das Auto aus der Schweiz ab- und umgeladen hatten, sind wir mit V. in die Kneipe gegangen, dorthin kamen noch der „Volksschauspieler“ Fürst und Dima Bandurist. Vier Männer, die sich seit Jahren kennen, einander helfen und vertrauen und schon Etliches miteinander erlebt haben. Zwei Krieger in Uniformen, zwei Helfer.
Ich habe mich mal wieder entschuldigt für die deutsche Regierung, insbesondere den Kanzler, für die vielen Unterwerfungspazifisten und Traumtänzer in Deutschland, die Wirklichkeitsverdränger und Lügner und sich selbst Belügenden. Viele sind ja Überzeugungstäter aus Unwissenheit, wobei man ihnen vorwerfen muss, dass sie sich einbilden über Krieg und Frieden, Leben und Sterben der Ukrainer besser urteilen zu können als die Betroffenen selber. Hier eingeschlossen die ausländischen Tagesgäste, deren wichtigster Gradmesser für die Widerstandskraft der Ukrainer „die Stimmung“ ist, als wäre der Krieg ein Karneval.
Aber wir werden keinen Ausländern den Gefallen tun, nicht mehr um unser Überleben und das unserer Mitmenschen zu kämpfen, für unsere Freiheit und für unsere Würde. Die armen geistigen Häschen im Westen werden noch viel lernen müssen, und viele werden ihre heutigen Dummheiten und ihre heutige Feigheit noch heftig bereuen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. So bitter unsere Erfahrungen sind, so kostbar sind sie aber auch.
Mir juckt seit einiger Zeit der linke Zeh, ein sicheres Zeichen, dass grossartige Ereignisse bevorstehen. Ich wäre nicht überrascht, wenn 2025 ein Jahr erstaunlicher Siege wird, weil grässlicher Niederlagen und Katastrophen für die Barbaren aus den nördlichen Sümpfen. –
Nach den erholsamen Stunden in der Kneipe sind wir noch ins Kulturzentrum gegangen, wo ein grossartiger DJ für entfesselte Transzendenz sorgte …
Da draußen im Ausland soll heute 3. Advent sein, glaube ich. Ich habe schon vergessen, was das ist. Irgendwas mit Besinnlichkeit und „froher Stimmung“. Mein Gott, wenn die Leute dort nur wüssten, wie peinlich ein Grossteil ihres Geredes über uns ist. Über diese idiotische Frage, ob die Ukraine gewinnen kann, muss ich immer wieder lachen. Wenn man die Frage verneint, bedeutete dies ja im Umkehrschluss, dass die Barbaren aus den nördlichen Sümpfen Europa überrennen und zum politischen Beischlaf zwingen könnten.
Ich bin gespannt, wann man im Westen zu rechnen beginnt, nüchtern kaufmännisch zu kalkulieren. Würde ich meinen pädagogischen Impuls nicht kontrollieren, würde ich den „Freunden“ im Westen zurufen: Schaut auf die materiellen Gegebenheiten, studiert endlich ruzzalnds ökonomische Kosten-Nutzen-Rechnung, räumt den ideologischen Müll aus euren Köpfen, lernt Drohungen von Bedrohungen zu unterscheiden …
Und falls jemand mehr als vier Euro im Monat Militärhilfe für die Ukraine leisten möchte, so gibt es dafür zahlreiche Gelegenheiten. Schließlich holen die Ukrainer – holen wir – für euch die Kohlen aus dem Feuer.
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