putler: Krieg aus Langeweile
Poltawa, 2.1.2025
Mitschnitte, Notizen für meine Interviews mit Radio Bremen, Südwestrundfunk, Hessischer Rundfunk, Westdeutscher Rundfunk 2024
# Wie erleben die Menschen in der Ukraine das 3. Weihnachtsfest im Krieg?
Wird zurückhaltend gefeiert. Wo früher 200 Buden auf dem Weihnachtsmarkt waren, sind jetzt vielleicht noch 10. Die Stadtverwaltung wollte keinen Weihnachtsbaum aufstellen. Eine private Initiative hat einen kleinen Baum organisiert und geschmückt. 3x kleiner als der vor dem großen Krieg.
# Wie wird die Verlegung des Weihnachtsfestes vom Januar auf Dezember angenommen?
Sehr gut. Alle Befragten sind für die europäische Tradition, für den Abschied vom sowjetisch-ruzzländischen Imperialismus. Nur eine Frau, die etwa 15 Jahre jünger ist als ich, sagte, sie sei zu alt, ihre Gewohnheiten zu ändern.
# Auf Poltawa gab es einen der schwersten einzelnen russischen Angriffe auf die Ukraine. Mindestens 50 Menschen starben in Poltawa. Wie haben Sie die letzten Monate erlebt? Wie ist das Leben für Sie in Poltawa?
Einer meiner Freunde half nach diesem Massaker, dort Verwundete zu bergen. Er war schwer traumatisiert. Ich war 2-3 Bushaltestellen entfernt.
Mit dem Risiko, jederzeit getötet werden zu können, müssen wir alle hier leben.
Fast jede Nacht fliegen russische Drohnen über unsere Stadt, und man hört das Abwehrfeuer der Ukrainer und hofft, dass sie erfolgreich arbeiten werden.
Einer meiner besten Freunde wird vermisst … Pascha.
Ein anderer Freund hat seine Schwester verloren, als die Russen sein Haus bombardiert haben.
# Ist der Krieg zum Normalzustand geworden?
Jeder Tag kann der letzte, dieses Bewusstsein verlässt einen nicht.
Und man weiß, warum.
Ruzzlands illegitiemer Präsident hat ja einen neuen Kriegsgrund genannt: KRIEG AUS LANGEWEILE
Wenn Stabilität herrscht, langweilen wir uns, sagte er. Wir brauchen Action. Wenn uns die Kugeln um die Ohren pfeifen, dann ist das zwar schrecklich, aber wenigstens nicht langweilig.
Deshalb: wenn ich an Deutschland denke,
denke ich oft: ihr macht es dem Soziopathen im Kreml leicht, aus Langeweile Krieg zu führen.
# Umfrage: Mehrheit der Ukrainer für Friedensgespräche. Wie nehmen Sie da selbst die Stimmung wahr? Warum sind die Menschen dafür (???) – auch wenn der Preis ggf. hoch wäre mit der Abtretung der Gebiete in der Ostukraine?
73 % der Ukrainer sagen: bevor irgendwelche Gespräche beginnen können,
sollen die ruzzen ihre Truppen abziehen
und den Beschuss einstellen
Razumkov-Zentrum
88 Prozent glauben an Sieg – Ukrainskaja Prawda
Verhandlungen womöglich dem Westen zuliebe, um zu demonstrieren, dass sie zwecklos sind
der Westen taumelt konzeptionslos vor sich hin und hat die Dimension des Krieges noch nicht verstanden.
Parodie seiner selbst. Scholz „gerechter Frieden“
Blinken: „Waffenstillstand zu fairen und langfristigen Bedingungen»,
Ohne harte Sicherheitsgarantien vom Westen – sowieso zwecklos
Würden Sie Bremen oder Hamburg an die Russen übergeben, wenn die das wollten?
„Stimmung“: die meisten Männer: kämpferisch, entschlossen und sogar siegesgewiss.
Die meisten Frauen: verängstigt, skeptisch
Für traurige Belustigung sorgen die Diskussionen im Westen.
Manchmal möchte ich mir ins Knie beißen, wenn ich die Diskussionen in Deutschland verfolge …
sonst: 73 % der Ukrainer unterstützen die Wiederherstellung des Atomwaffenarsenals der Ukraine – Umfrage.
Formal juristisch wird sowieso niemand Gebiete abtreten, das würden Sie ja in Deutschland auch nicht machen.
Ukrainer wissen, dass man Vertreter Russlands gar nichts glauben darf. Die haben nur ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit.
Methodische Denkfehler (und -blockaden) im Westen, ein harmloses Beispiel:
Putin – verrückt oder nicht? Tatsächlich: beides, Serienmörder, rational handelnd innerhalb seines Wahnsystems. Sadist – verspottet die Opfer, amüsiert sich über den Krieg. Gefährlich, weil an seine Lügen glaubend, statt sie bloß als Tranung benutzend, hat ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit, aber nicht zur Lüge. Kann man sich mit ihm auf irgendetwas einigen? Ist er zurechnungsfähig – ja und nein.
Der Westen spielt Mäuschen: „Du musst nur die Laufrichtung ändern, sagte die Katze zur Maus und fraß sie.“ Franz Kafka
Was man im Westen u.a. übersieht:
Auch Ukrainer sind gezwungen, die Feinde zu täuschen. Es kann taktisch bedingt sein, sich als schwächer zu beschreiben als man ist – um „Überraschungen“ vorzubereiten.
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