Das war knapp
Poltawa, 23.04.2025
Bisschen makaber: Ich höre vorm Einschlafen „Den Tod verstehen und akzeptieren – mit Dr. Mark Benecke». Er ist Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe und ein faszinierender analytischer Denker. Ich habe schon einige Vorträge von ihm gehört, so über das Artensterben und über den Gerichtsmediziner Otto Prokop, der, obwohl Österreicher, in der DDR Lehrstuhlinhaber an der Charité gewesen war und zusammen mit Gerhard Uhlenbruck das ungemein wichtige „Lehrbuch der menschlichen Blut- und Serumgruppen“ schrieb.
Nach ca. der Hälfte des Gesprächs bin ich aber doch müde, schalte das Notebook aus, presse mir die Ohropax-Stöpsel in die Ohren und möchte schlafen. Da ertönt das mir inzwischen gut bekannte Geräusch eines „fliegenden Mopeds“, einer Shahed-Drohne. Ich öffne die Ohren; das knatternde Geräusch wird lauter und lauter, als würde es direkt auf mich zukommen. Habe ich Idiot etwa die Geolokalisierung eingeschaltet? Dann ein lauter Knall, zitternde Wände, das Klirren von Fensterscheiben. Es könnte das Nachbarhaus getroffen sein oder das eigene in den oberen Etagen. Draußen laufen einige Menschen auf die Straße. Ich ziehe mich an, nehme den Notfall-Rucksack, gehe ebenfalls raus. Nach einigen tastenden Schritten – ist eigentlich Sperrstunde? – knirscht Glas unter meinen Schuhen. Schon in unserem Nachbarhaus sind etliche Fensterscheiben zerbrochen. Von dort aus sehe ich auch schon den Ort des Einschlags, ein Haus, in dessen Erdgeschoss kürzlich noch ein Geschäft gewesen war, in dem ich regelmäßig einkaufte. Nun brennt es „licherloh“ vom Dach an abwärts. …
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