Drohnen in der Nacht

Poltawa, 30.03.2025
Gestern auf dem Heimweg habe ich regelrecht Hass empfunden; ein Gefühl, das ich sonst ja zu vermeiden suche, selbst angesichts der schlimmsten Greueltaten. Hass mindert bekanntlich die eigene Souveränität; Hass fressen Seele auf.
Auslöser für den Hass waren die über unserer Stadt fliegenden Drohnen der ruzzen, welche deutlich zu hören waren, wie auch das Abwehrfeuer unserer Verteidiger. Bereits in der Nacht vom 27. auf den 28. März hatten die ruzzen 13 Drohnen gezielt auf Wohngebäude sowie Unternehmen der Öl- und Gasindustrie bei uns in Poltawa geschossen.

Eine gute Bekannte ist neulich mit ihrer pflegebedürftigen Mutter nach Deutschland ausgereist, und sie klagte gestern, wie schwer ihre Sitution dort sei. Als ich ihr schrieb, sie möge vielleicht doch zurückkommen, hier haben sie doch ein großes Haus, da antwortete sie:
„In Poltawa kann es sein, dass man nach nächtlichem Beschuss nicht mehr aufwacht. Am 8. März um Mitternacht wurden wir so sehr beglückwunscht, dass in meiner Straße, 150 Meter von meinem Haus entfernt, die Fenster herausflogen und das Feuer zwei Tage lang gelöscht wurde.“
Ich musste an die vielen senil-konfusen Diskussionen in Deutschland denken, womit und in welchem Umfang man den Menschen in der Ukraine helfen solle. Ich wünschte mir, dass einige der Unschuldigen mit den blutigen Händen zusammen mit mir durch den nächtlichen Park nach Hause gehen müssten, begleitet vom Sirren des Todes. Nichts ekelt mich so sehr wie diese „Unschuld“ der „Unterwerfungspazifisten“ (R.Fuecks), derer, die sich einbilden, die Lage hier bei uns beurteilen zu können und moralisch sich gebende Empfehlungen auszusprechen; eben ihre Hände in Unschuld zu waschen. Einige dieser öffentlich bekannten Figuren kenne ich ja persönlich. Manchen gestehe ich sogar zu, dass sie nicht wissen, was sie tun; aber unverzeihlich ist, dass sie es nicht wissen wollen – dass es ihnen an Demut fehlt, weil ihre Eitelkeit die Fähigkeit zur Selbstkritik einschläfert. Ihre gequetschten Gefühle sind ihnen wichtiger als das Leid der Ukrainer.
Ekel ist ein weit produktiveres Gefühl als Hass.

Dabei war es bis zum Heimweg ein gelungener Tag gewesen, mit groartigen Gesprächen und feierlichen Reden. Wahrscheinlich habe ich noch nie so viele Komplimente gehört wie gestern anlässlich meiner Ausstellung, so viele Respektbezeugungen, darunter auch von geschätzten künstlerischen Autoritäten. Ich war allerdings selbst verblüfft, wie stark die Fotos angesichts dieser klugen, aufwendigen Präsentation wirkten – vom Team „Kultura“ hatten sechs Menschen ihre Ideen eingebracht und bei der Vorbereitung geholfen, und das zahlte sich aus.

Themen: Russland - Ukraine

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