Einige Höhepunkte des Jahres 2024
Poltawa, 29.12.2024
1. Wir leben. Ich lebe, fast alle mir nahen Menschen leben. Lenotschka und „Rucksack“ leben.
Rock’n’Roll-Gitarrist Andrej lebt. Artjom lebt. Bolschewik lebt. Jura lebt (nach 6 Jahren Horror an der Front.)
2. Frau W. aus Hannover hat 200.000 Euro gespendet, fast alle ihre Ersparnisse. Es sei ihr eine Herzensangelegenheit, sagt sie.
3. Ich konnte dabei helfen, vier Autos für unsere Verteidiger zu besorgen.
4. Ich konnte ca. 3000 Euro Spendengelder „verteilen“.
5. Ich habe eine eklige Virus-Erkrankung überlebt.
6. Ich konnte mit meinem Sohn Urlaub machen.
7. Ein deutscher Schachfreund schenkte mir das Kompliment, ich sei zäh / schwer zu besiegen. Ein ukrainischer Schachfreund schenkte mir das Kompliment, niemand spiele so wie ich.
8. Mein Erzeuger hat das Zeitliche gesegnet.
9. Mir ist ein neuer Sohn zugelaufen. Falls er wirklich mein Sohn ist, so habe ich ihn im Alter von 16 Jahren gezeugt. Er ist ein gütiger Mensch, aber manchmal muss ich mit ihm schimpfen. Er hat mehr Kriegsverletzungen als ich seelische.
10. Tankist lebt. Eine ruzzländische Drohne hat ihm das Bein zerfetzt. Er kann wieder laufen, aber nicht schnell.
11. Bandurist ist wach wie eh und je. Mit ihm kann ich stundenlang Gedanken-Ping-Pong spielen. Das ist schön.
Einige schreckliche Höhepunkte des Jahres 2024
Poltawa, 29.12.2024
1. Ein Freund in B., südlicher Oblast Charkiw, 30 km vom Oblast Donezk entfernt:
„Nimm bitte diese Lampe als Geschenk, denn von uns wird nichts bleiben, aber wenigstens diese Lampe soll überleben. Es ist eine besondere Lampe, denn ihre leuchtenden Kristalle stammen aus den Salzminen von Solidar. Ob wir jemals wieder dort sein werden?“
„Von uns wird nichts bleiben“ – weil wir bis zum letzten Mann kämpfen werden.
2. Grinsender feixender kichernder deutscher Bundeskanzler: „Trotzdem würde ich nicht jedem (Freund) alle Waffen geben.“ Heißt: Ich wasche meine Hände in blutiger Unschuld, tralalalala.
3. Mein Freund Pascha ist nicht mehr da. Bei seinem ersten Kampf schoss ein feindlicher Panzer auf ihn.
4. Ruzzländische Propagandisten unzählige Male im ruzzländischen Staatsfernsehen: „Kyiv, Dnipro, Charkiw und Sumy müssen vollständig vom Erdboden verschwinden. Großbrittanien erledigen wir mit einer Bombe.“
5. Unzählige nützliche Idioten in Deutschland: „Aber die ruzzen haben doch gesagt, wo für sie die roten Linien verlaufen.“ Bedeutet: Wenn wir brav sind wird uns nichts passieren. Wenn wir den Mördern die Hände küssen werden sie uns nicht ins Knie fi …
6. Rechnung des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel: Wert der deutschen Militärhilfe für die Ukraine – vier Euro monatlich pro Kopf der Bevölkerung.
7. Etliche Verkäuferinnen in Poltawa: „Warum? Was haben wir getan?“
8. Anna Vero Wendland, 1.8.24:
«Die Deokkupation der Ukraine kann nicht kommen, weil sie im Westen keiner ernsthaft will. Es sollten sich also die Entscheider von Biden bis Bundeskanzler nicht über die @Buendnis_SahraW -Antiwestler erheben; sie sind nicht besser, nur verlogener. Sie machen der Ukraine Westintegrations-Perspektiven vor, die zu verteidigen und abzusichern sie aber nicht willens sind. Dieses Locken & Fallenlassen war der Beitrag des Westens zum russischen Überfall auf die Ukraine.“
9. Tagebuch, Sommer:
Deutschlands „Vorzeigephilosoph“ Habermas behauptet: „Unter Führung der USA hält der Westen den Krieg gewissermaßen am Laufen – ohne erkennbare Versuche, ihn einzudämmen.“
Wie man Völkermord mit Diplomatie „eindämmen“ und Terroristen gesund beten könnte, das erklärt er nicht, aber er bleibt seinem selbstverliebten moralischem Rigorismus treu:
„Ganz unabhängig vom Widerstandswillen der Ukrainer trägt der Westen mit seiner logistischen Hilfe und seinen Waffensystemen eine Mitverantwortung für die täglichen Opfer des Krieges – für jeden weiteren Toten, jeden weiteren Verwundeten und jede weitere Zerstörung von Krankenhäusern und lebenswichtigen Infrastrukturen.“
Heißt: Wenn die Ukrainer sich bereitwillig versklaven und / töten lassen würden, müssten die ruzzen keine Krankenhäuser zerstören.
10. Büchner-Preisträger D.G.: „Dieser Krieg wird nur von einem Mann geführt, von …“ Wladimir Putlerowski.
11. Wir sitzen mit Freunden im Park, erholen uns mit Wässerchen, ich äußere die Absicht meinen deutschen Pass zu verbrennen, ICH WILL KEIN DEUTSCHER SEIN; ICH WILL KEIN FEIGLING SEIN; ICH WILL DEN MÖRDERN NICHT HELFEN!
Olena, trocken: Deinen deutschen Pass solltest du in Berlin auf einem öffentlichen Platz verbrennen, nicht hier im Park.
Stimmt, ich bin nicht so mutig, wie ich sein möchte, handle nicht immer so durchdacht wie ich sollte und könnte. Ich gelobe Besserung.
Keine Chance für Lilie Marleen – Notizen zum Krieg (13)
Poltawa, 19.12.2024
Massenmörder mit Humor
Habt ihr es mitbekommen? Der putler hat heute einen wichtigen Kriegsgrund verraten. Ihm war langweilig. Stagnation, nichts passiert, man braucht Ausschweifung, will mal wieder morden, ein Volk unterwerfen, ein Land in die Steinzeit bomben. Dann pfeifen einem zwar die Kugeln um den Kopf, aber lustig ist es irgendwie doch, für einen wie ihn, so fröhlich erzählte er das heute.
Diesem Zynismus sind die politisch Verantwortlichen im Westen nicht gewachsen. Ich schrieb ja schon vor einiger Zeit, dass man das, was man im Westen als Verbrechen bezeichnet (Angriffskriege, Völkermorde etc.) in Russland als Kunst und als Fröhliche Wissenschaft lehrt und praktiziert.
Der putler hat heute dem Westen auch ein Experiment vorgeschlagen – „Gebt ein Ziel in Kyiw an, bringt eure gesamte Luftabwehr dorthin, und wir feuern die (Mittelstreckenrakete) Oreshnik dorthin – dann sehen wir mal, was passiert!“ Wie lustig, wenn die Rakete nicht abgeschossen werden kann, wenn man ungestraft töten kann und vielleicht „versehentlich“ ein Kinderkrankenhaus trifft ? Dann hat „der Westen“ eben verloren, ätsch, bätsch.
Offenbar haben in diesem Krieg nur zwei Leute Spaß, der oben genannte Massenmörder und der deutsche Bundeskanzler, der sich gern als „Friedenskanzler“ inszeniert. Letzterer vergnügte sich ja köstlich als er sagte, ich muss ja meinen Freunden nicht alle Waffen geben. Ha, ha, witzig, was bin ich doch für ein toller Hecht.
Ungarns Ministerpräsident Orbán geht währenddessen mit der Idee eines Waffenstillstands zu Weihnachten hausieren. Aber es gibt kein Lied, dass die Soldaten der Kriegsparteien gemeinsam singen oder auch nur hören wollten, keine neue Lilie Marleen.
Anm.:
Bei der Eröffnung seiner jährlichen „Pressekonferenz“Bürgersprechstunde“ scherzt der putler, dass „wir“ (Russen) uns gelangweilt haben, als es noch keinen Krieg gab. Vor dem Krieg, so scherzt er, herrschte Stagnation (das war tatsächlich so), deshalb wurde der Krieg begonnen. Hunderttausende von toten Ukrainern und Russen, ganze Städte zerstört und verlassen, und er lacht darüber.
Notizen zum Krieg (12)
Poltawa, 13.12.24
Gestern habe ich zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder getanzt, allerdings nicht ganz nüchtern. Nachdem wir die humanitären Hilfsgüter wie Feuerlöscher, Winterkleidung und Spielzeug und das Auto aus der Schweiz ab- und umgeladen hatten, sind wir mit V. in die Kneipe gegangen, dorthin kamen noch der „Volksschauspieler“ Fürst und Dima Bandurist. Vier Männer, die sich seit Jahren kennen, einander helfen und vertrauen und schon Etliches miteinander erlebt haben. Zwei Krieger in Uniformen, zwei Helfer.
Ich habe mich mal wieder entschuldigt für die deutsche Regierung, insbesondere den Kanzler, für die vielen Unterwerfungspazifisten und Traumtänzer in Deutschland, die Wirklichkeitsverdränger und Lügner und sich selbst Belügenden. Viele sind ja Überzeugungstäter aus Unwissenheit, wobei man ihnen vorwerfen muss, dass sie sich einbilden über Krieg und Frieden, Leben und Sterben der Ukrainer besser urteilen zu können als die Betroffenen selber. Hier eingeschlossen die ausländischen Tagesgäste, deren wichtigster Gradmesser für die Widerstandskraft der Ukrainer „die Stimmung“ ist, als wäre der Krieg ein Karneval.
Aber wir werden keinen Ausländern den Gefallen tun, nicht mehr um unser Überleben und das unserer Mitmenschen zu kämpfen, für unsere Freiheit und für unsere Würde. Die armen geistigen Häschen im Westen werden noch viel lernen müssen, und viele werden ihre heutigen Dummheiten und ihre heutige Feigheit noch heftig bereuen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. So bitter unsere Erfahrungen sind, so kostbar sind sie aber auch.
Mir juckt seit einiger Zeit der linke Zeh, ein sicheres Zeichen, dass grossartige Ereignisse bevorstehen. Ich wäre nicht überrascht, wenn 2025 ein Jahr erstaunlicher Siege wird, weil grässlicher Niederlagen und Katastrophen für die Barbaren aus den nördlichen Sümpfen. –
Nach den erholsamen Stunden in der Kneipe sind wir noch ins Kulturzentrum gegangen, wo ein grossartiger DJ für entfesselte Transzendenz sorgte …
Da draußen im Ausland soll heute 3. Advent sein, glaube ich. Ich habe schon vergessen, was das ist. Irgendwas mit Besinnlichkeit und „froher Stimmung“. Mein Gott, wenn die Leute dort nur wüssten, wie peinlich ein Grossteil ihres Geredes über uns ist. Über diese idiotische Frage, ob die Ukraine gewinnen kann, muss ich immer wieder lachen. Wenn man die Frage verneint, bedeutete dies ja im Umkehrschluss, dass die Barbaren aus den nördlichen Sümpfen Europa überrennen und zum politischen Beischlaf zwingen könnten.
Ich bin gespannt, wann man im Westen zu rechnen beginnt, nüchtern kaufmännisch zu kalkulieren. Würde ich meinen pädagogischen Impuls nicht kontrollieren, würde ich den „Freunden“ im Westen zurufen: Schaut auf die materiellen Gegebenheiten, studiert endlich ruzzalnds ökonomische Kosten-Nutzen-Rechnung, räumt den ideologischen Müll aus euren Köpfen, lernt Drohungen von Bedrohungen zu unterscheiden …
Und falls jemand mehr als vier Euro im Monat Militärhilfe für die Ukraine leisten möchte, so gibt es dafür zahlreiche Gelegenheiten. Schließlich holen die Ukrainer – holen wir – für euch die Kohlen aus dem Feuer.
Dritter Kriegswinter: die Ukraine zwischen Hoffnung und Zermürbung
Mein heutiges Interview für den Hessischen Rundfunk, ab Min. 6:50
https://shorturl.at/40eSZ
Dienstreise
Poltawa, 19.11.24
Vorfreude: Diese Woche fahre ich wieder in den Oblast Charkiw, „in den Schatten heißer Linien“, um Freunde und Kämpfer zu treffen, Veteranen und Versehrte. Sie bauen dort ein Reha-Zentrum auf, vielleicht kann ich helfen mit Ratschlägen und Kontakten, schaun wir mal, die Gastgeber hoffen es. Gut, dass ich mal wieder aus meiner Komfortzone herauskomme. Poltawa ist derzeit fast zu schön; weißes Herbstlicht auf weißen Häusern, da schmerzen manchmal die Augen.
Was mich oft wundert: Eigentlich müssten die älteren Ostdeutschen den Krieg hier besonders gut verstehen. Weil sie den Unterschied zwischen Drohung und Bedrohung noch aus der Zeit der deutschen Teilung kennen sollten. Die alte BRD drohte der DDR nicht, schon gar nicht militärisch. Aber sie war doch die schlimmste Bedrohung für die Existenz Ostdeutschlands, dank ihrer Attraktivität, ihrer Freiheiten und wirtschaftlichen Erfolge, ihrer geilen Musik, ihrer schönen Autos etc. Je friedfertiger, bunter, verspielter und selbstverliebter, desto bedrohlicher für die Macht der Greise in der DDR.
Das gleiche gilt heute für den Westen und die Ukraine im Verhältnis zu Russland. Je freier, friedlicher und erfolgreicher die westlichen Modelle, desto bedrohlicher für Russland. Dafür muss ihm niemand militärisch drohen.
Putin hat das übrigens erkannt, indem er (im Interview mit Kissiljow) sagte, dass die Leute, die sich im Westen für Verhandlungen und für friedliche Kompromisse einsetzen, für Russland gefährlicher seien als diejenigen, die mehr Waffenlieferungen fordern. Die Pazifisten sind für Putin-Russlands Existenz gefährlicher als die „Bellizisten“. Erstere wollen Russland wieder „einlullen“ und zum friedlichen Wettbewerb verführen – wo Russland wie die DDR gegenüber der BRD den Kürzeren ziehen wird. Aber die „Waffenlieferanten“ glaubt man mit Gewalt bezwingen zu können, zur Tributpflicht zwingen zu können. Irgendwann werden sie ja doch zurückzucken und einknicken, so die Rechnung.
Moderne Mythen
Ein beliebtes Argument der Möchtegern-Pazifisten und „Friedens-Mainfest-Unterzeichner“ in Deutschland: die USA hätten den Maidan finanziert, lt. Victoria Nulands Äußerung über die 5 Milliarden Entwicklungshilfe.
Hochgerechnet waren das monatlich ca. 47 Euro-Cent pro Ukrainer, von 1991 – 2013. Dafür haben die Ukrainer ihre Atomwaffen abgegeben. Die 47 Cent für Ukrainer bewerteten in Deutschland u.a. westlichen Ländern „engagierte Prominente“ als Beweis für ein langjähriges intrigantes Verhalten der USA.
Bei vielen Zeitgenossen erinnert die Art und Weise, wie sie Argumente vortragen, an Berggorillas – brusttrommelnd, um die eigene Kampfkraft zu signalisieren. „Ich habe Recht“ ist wahrscheinlich der häufigste Satz der Epoche.
PS: Wieder Luftalarm. Der Heulton der Sirenen ist die meistgespielte Musik unserer Zeit.
Kommentar Jens Piske:
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hat die Ukraine in dem Zeitraum die 5 Milliarden bekommen, Russland jedoch 20 Milliarden. Und wieder einmal sieht man deren Dankbarkeit.
Meine Antwort:
Die ruzzen haben ja von den USA Geld bekommen für die Verschrottung der ukrain., kasach., belarus. Atomwaffen. USA haben ruzzland das Monopol an Nuklearwaffen zugestanden. Statt „Herrsche und teile!“ zu praktizieren.
Aber gut, Georg Bush d.Ä. hat ja vor dem Kyiver Parlament den Ukrainern sogar geraten, keine Unabhängigkeit anzustreben !!! Und im Westen erzählen die Friedenschwurbler, die USA hätten die Unterstützung der Ukraine langfristig als anti-ruzz. Projekt betrieben. Irre.
1000 Tage
Poltawa, 18.11.2024
1000 Tage heißer Krieg, arbeitsteiliger Kampf um Leben und Tod, Freiheit oder Sklaverei, Sein oder Nichtsein. Ein makabres Jubiläum, aber es wird nicht das letzte sein. Der Aggressor wird nicht klein beigeben, wenn er nicht dazu gezwungen wird, nicht bloß: gezwungen sein wird. Russlands illegitimer Präsident würde wie Hitler im Bunker noch Armeen befehlen, die gar nicht mehr existieren oder deren „zerschlagene Reste“ in sumpfigen Landschaften umherirren.
Derzeit genießen die Banditen im Kreml die Ängstlichkeit der reichen Westler, die aus russischer Sicht „in Schokolade leben“. Wie Stalin ist auch der jetzige Kriegsherr im Kreml vor allem Sadist, dann erst Marxist oder Nationalist. Die Frage, ob er im klinischen Sinne verrückt oder in irgendeinem menschlichen Sinne berechenbar und ein rational Handelnder sei, wird im Westen leider immer wieder mit dem schematischen Entweder-Oder-Maßstab diskutiert. Dabei schließt das eine ja das andere nicht aus. Auch Serienmörder handeln innerhalb ihrer Wahnsysteme rational und effektiv.
Im Westen übersieht man bei der Ergründung der Ursachen des Krieges in unschöner Regelmäßigkeit die Sphären Geschichte und Ökonomie.
1. Zur Kontinuität russischer Gewaltgeschichte: Der Holodomor, die staatlich verordnete Tötung durch Hunger, der in den 1930er Jahren mindestens drei Millionen Ukrainer zum Opfer fielen, wurde in Moskau in den gleichen Gebäuden geplant und organisiert, in denen der heutige Genozid an den Ukrainern geplant und organisiert wird, im Kreml und in der Lubjanka. Der „Ehrentag“ des russländischen Inlandsgeheimdienstes ist der Geburtstag des Gründers der Tscheka, Stalins erster Henker Feliks Dzierżyński. Der Holodomor wurde inzwischen (2021) auch vom verschnarchten Deutschen Bundestag als Völkermord anerkannt. Den derzeitigen Genozid wird demnach ein Bundestag in 90 Jahren als höchste Form des Verbrechens einstufen.
2. Um Putin-Russlands ökonomische Kosten-Nutzen- oder Gewinn-und-Verlust-Rechnung zu verstehen, benötigt man Fachwissen, das auch unter den besten westlichen Analytikern selten ist, deshalb ist es nicht erstaunlich, dass diese Sphäre unterbelichtet ist.
PS. Ich bereite mich auf ein Interview für den Hessischen Rundfunk vor. Derzeit ist wieder Luftalarm. „Aktivität der feindlichen taktischen Luftwaffe!“
Hysterie in Moskau
Im westlichen Ausland wird oft über Schwierigkeiten der Ukrainer berichtet. Manche Zeugen des Sofas erzählen seit Beginn der großflächigen Invasion, dass die Ukrainer überhaupt keine Chance hätten sich zu verteidigen. Deutsche Reporter, die mal für ein paar Tage ins Land kommen, verfassen gern „Stimmungsberichte“ und glauben feststellen zu können, dass „die Stimmung“ immer schlechter werde.
Was passiert währenddessen auf russischer Seite? Um das zu beurteilen genügt es nicht, materielle / militärische Ressourcen zu vergleichen. Wichtig ist es m.E., die sich verschärfenden antagonistischen Widersprüche zu untersuchen. Das habe ich für die NZZ getan.
„Je länger der Krieg dauert, desto weiter klafft der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit auseinander, zwischen den deklarierten Kriegszielen «Denazifizierung» und «Demilitarisierung» der Ukraine und den peinlichen militärischen Erniedrigungen, die Russlands Armee in diesem Krieg schon kassieren musste.
Geplant war ein räuberischer Spaziergang, ein Blitzkrieg mit fetter Beute, bestehend aus strategisch wichtigen Rohstoffen und 33 Millionen Hektaren Ackerfläche, aus Seehäfen, Fabriken und Immobilien, und auch mit Millionen treu ergebener Untertanen. Doch die Ukrainer wollen keine Panzer in ihren Gärten haben und keine fernöstlichen Plünderer in ihren Wohnungen. Sie wollen nicht geknechtet und nicht mit Sprech- und Sprachverboten eingeschüchtert werden und nicht rechtlos in einem unerbittlichen Staatswesen leben. Mehr als 300 Jahre russischer Kolonialgeschichte waren für sie eine blutige Lehrzeit, mit unzähligen von Moskowitern angeordneten Massenmorden und Massendeportationen.“
https://www.nzz.ch/meinung/wer-schuetzt-den-himmel-ueber-russland-die-ukrainer-fuehren-den-kreml-vor-ld.1849190
Notizen zum Krieg (13) – Wichtigste Eigenschaften und Widersprüche der wichtigsten Protagonisten
1. Russland: Kann im friedlichen Wettbewerb nicht mit anderen Ländern mithalten, deshalb greift es zu Mitteln der Gewalt – gemäß seiner Tradition und seinen Fähigkeiten. Im Kreml und in der Geheimdienstzentrale und Folterhölle Lubjanka wurde in den 1930er Jahren der Genozid „Holodomor“ in der Ukraine geplant, organisiert, verwaltet; heute wird dort Genozid „Cholodomor“ geplant, organisiert, verwaltet. Tötung durch Hunger oder Tötung durch Kälte, Bomben, Giftgas – die Mittel wechseln im Laufe der Zeiten, die Ziele Vertreibung und Ausrottung der einheimischen Bevölkerung aber nicht.
…weiterlesen »Heiße Eisen, nasse Sachen – Handwerk der Spionage in diesem Krieg
Poltawa, 29.09.2024
Ich sehe seit Wochen die Videos von E.M. aus dem Chatroulette. Ein Ukrainer, der vorgibt ein Oberst aus ruzzland zu sein. Er spielt die Rolle perfekt, sitzt in Camouflage vor der Kamera, im Hintergrund ein Foto vom putler. Er beherrscht die Jargons der ruzzkis, „verbrüdert“ sich rasch mit ihnen, verführt sie zum Trinken. Selbst russländische „Krieger“, die anfangs mit verhülltem Gesicht mit ihm sprechen, ziehen nach einigen Minuten ihre Masken ab, so überzeugend spielt E.M. ihnen vor, er sei einer der Ihren. Er macht ihnen Komplimente, lädt sie in seine angeblichen Restaurants in Moskau und Rostow-na-Donu ein. Und so plaudern sie mit ihm, gestehen Kriegsverbrechen, die Erschießung von Gefangenen.