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Der Krieg und der Reichtum der deutschen Sprache

Poltawa, 6.1.2025
Geeignete, meines Erachtens zu selten genutzte Worte und Redewendungen zur Beschreibung des deutschen Beitrags am Völkermord in der Ukraine, 2014 – 2025:
Herumgeeiere, Hasenfüßigkeit, Gefühlsduselei, Gratismut, Nutznießer des Bösen, falsche Freunde („Natürlich traue ich meinen Freunden – trotzdem würde ich nicht jedem alle Waffen geben.“, Scholz, Bundeskanzler, der), falsche Fuffziger, Gschaftlhuber, großkotzig („Deutschland ist und bleibt der größte Unterstützer der Ukraine in Europa“ – mit vier Euro monatlich pro Kopf der Bevölkerung), Korinthenkacker, Krämerseelen, Selbstverliebtheit, Selbstverblendung, Selbsthass, Selbstbefriedigung (politische Onanie), Pfennigfuchser, Schlafwandeln, Schrebergartenmentalität, Spökenkiekerei, vorauseilender Gehorsam („Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andre an!“), Verachtung verdienend, Buchhaltung des Todes, die Unschuldigen mit den blutigen Händen, Zeugen des Sofas, zum Fremdschämen, Journalisten als Stimmungskanonen …

putler: Krieg aus Langeweile

Poltawa, 2.1.2025
Mitschnitte, Notizen für meine Interviews mit Radio Bremen, Südwestrundfunk, Hessischer Rundfunk, Westdeutscher Rundfunk 2024
# Wie erleben die Menschen in der Ukraine das 3. Weihnachtsfest im Krieg?
Wird zurückhaltend gefeiert. Wo früher 200 Buden auf dem Weihnachtsmarkt waren, sind jetzt vielleicht noch 10. Die Stadtverwaltung wollte keinen Weihnachtsbaum aufstellen. Eine private Initiative hat einen kleinen Baum organisiert und geschmückt. 3x kleiner als der vor dem großen Krieg.
# Wie wird die Verlegung des Weihnachtsfestes vom Januar auf Dezember angenommen?
Sehr gut. Alle Befragten sind für die europäische Tradition, für den Abschied vom sowjetisch-ruzzländischen Imperialismus. Nur eine Frau, die etwa 15 Jahre jünger ist als ich, sagte, sie sei zu alt, ihre Gewohnheiten zu ändern.
# Auf Poltawa gab es einen der schwersten einzelnen russischen Angriffe auf die Ukraine. Mindestens 50 Menschen starben in Poltawa. Wie haben Sie die letzten Monate erlebt? Wie ist das Leben für Sie in Poltawa?
Einer meiner Freunde half nach diesem Massaker, dort Verwundete zu bergen. Er war schwer traumatisiert. Ich war 2-3 Bushaltestellen entfernt.
Mit dem Risiko, jederzeit getötet werden zu können, müssen wir alle hier leben.
Fast jede Nacht fliegen russische Drohnen über unsere Stadt, und man hört das Abwehrfeuer der Ukrainer und hofft, dass sie erfolgreich arbeiten werden.
Einer meiner besten Freunde wird vermisst … Pascha.
Ein anderer Freund hat seine Schwester verloren, als die Russen sein Haus bombardiert haben.
# Ist der Krieg zum Normalzustand geworden?
Jeder Tag kann der letzte, dieses Bewusstsein verlässt einen nicht.
Und man weiß, warum.
Ruzzlands illegitiemer Präsident hat ja einen neuen Kriegsgrund genannt: KRIEG AUS LANGEWEILE
W
enn Stabilität herrscht, langweilen wir uns, sagte er. Wir brauchen Action. Wenn uns die Kugeln um die Ohren pfeifen, dann ist das zwar schrecklich, aber wenigstens nicht langweilig.
Deshalb: wenn ich an Deutschland denke,
denke ich oft: ihr macht es dem Soziopathen im Kreml leicht, aus Langeweile Krieg zu führen.
# Umfrage: Mehrheit der Ukrainer für Friedensgespräche. Wie nehmen Sie da selbst die Stimmung wahr? Warum sind die Menschen dafür (???) – auch wenn der Preis ggf. hoch wäre mit der Abtretung der Gebiete in der Ostukraine?
73 % der Ukrainer sagen: bevor irgendwelche Gespräche beginnen können,
sollen die ruzzen ihre Truppen abziehen
und den Beschuss einstellen
Razumkov-Zentrum
88 Prozent glauben an Sieg – Ukrainskaja Prawda
Verhandlungen womöglich
dem Westen zuliebe, um zu demonstrieren, dass sie zwecklos sind
der Westen taumelt konzeptionslos vor sich hin und hat die Dimension des Krieges noch nicht verstanden.
Parodie seiner selbst. Scholz „gerechter Frieden“
Blinken: „Waffenstillstand zu fairen und langfristigen Bedingungen»,
Ohne harte Sicherheitsgarantien vom Westen – sowieso zwecklos
Würden Sie Bremen oder Hamburg an die Russen übergeben, wenn die das wollten?
Stimmung“: die meisten Männer: kämpferisch, entschlossen und sogar siegesgewiss.
Die meisten Frauen: verängstigt, skeptisch

Für traurige Belustigung sorgen die Diskussionen im Westen.
Manchmal möchte ich mir ins Knie beißen, wenn ich die Diskussionen in Deutschland verfolge …
sonst: 73 % der Ukrainer unterstützen die Wiederherstellung des Atomwaffenarsenals der Ukraine – Umfrage.
Formal juristisch wird sowieso niemand Gebiete abtreten, das würden Sie ja in Deutschland auch nicht machen.
Ukrainer wissen, dass man Vertreter Russlands gar nichts glauben darf. Die haben nur ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit.
Methodische Denkfehler (und -blockaden) im Westen, ein harmloses Beispiel:
Putin – verrückt oder nicht? Tatsächlich: beides, Serienmörder, rational handelnd innerhalb seines Wahnsystems. Sadist – verspottet die Opfer, amüsiert sich über den Krieg. Gefährlich, weil an seine Lügen glaubend, statt sie bloß als Tranung benutzend, hat ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit, aber nicht zur Lüge. Kann man sich mit ihm auf irgendetwas einigen? Ist er zurechnungsfähig – ja und nein.
Der Westen spielt Mäuschen: „Du musst nur die Laufrichtung ändern, sagte die Katze zur Maus und fraß sie.“ Franz Kafka
Was man im Westen u.a. übersieht:
Auch Ukrainer sind gezwungen, die Feinde zu täuschen. Es kann taktisch bedingt sein, sich als schwächer zu beschreiben als man ist – um „Überraschungen“ vorzubereiten.

Notizen über Ziegelsteine, das Radfahren, deutsche Mörder und deutsche Polizisten, und: Karl Marx über die Feigheit des Westens im Umgang mit Russland

Poltawa, 5.1.2025
Schöner Sonntagmorgen, erst drei Mal Luftalarm. Sonnenstrahlen scheinen auf rotes Gemäuer. Seit jeher ein meditativer Anblick für mich: Ziegelsteinmauern mit HANDGEBRANNTEN Steinen. Ich habe ja selbst jahrelang als Maurer gearbeitet, im Straflager Kindheit und freiwillig, um meine Studien zu finanzieren. Als ich aber 25 Jahre später in einer ukrainischen Bauarbeiterbrigade mithelfen durfte, merkte ich, dass ich die Technik zwar noch beherrschte – die rauen Steine zu greifen, mit Beton einzuschmieren, anhand der Richtschnur und mit der Wasserwaage die Ziegel dann sorgfältig versetzt aufzuschichten. Aber Kraft und Ausdauer waren lächerlich gering. 200 Kilometer radeln am Tag, kein Problem, im Gegenteil, das ist fröhlicher Rausch, Genuss um seiner selbst willen. Nirgendwann habe ich so schöne Vorträge gehalten wie mir selbst beim Radeln durch die Ukraine. Nirgendwo habe ich beim Radeln solche Freiheit erlebt wie hier. In Deutschland sprang, statistisch gesehen, alle 80 Kilometer ein deutscher Ordnungsbürger aus dem Gebüsch, wenn ich am Sonntagmorgen bei Rot autofreie Straßen überquerte, und er schrie: „Strafe zahlen!“ oder „Ich rufe die Polizei!“. In Polen hupte oder schrie niemals ein Autofahrer, weil ich ihm im Wege war, wie ich das von Deutschland kannte. Die Polizei brachte mich am Sonntagmorgen ins nächste Restaurant, als ich „versehentlich“ auf einer autofreien Autobahn radelte, natürlich, ohne dass ich Strafe zahlen musste. In der Ukraine aber lud die Polizei mich oft zum gemeinsamen Erholen ein, vulgär gesagt zu Sauftouren, sogar an der Grenze und am frühen Morgen. Die Vorstellung, dass dich jemand anschreit, weil du Regeln verletzt, die in diesem Moment völlig unnötig sind, und deren Verletzung niemandem weh tut – ist gänzlich irreal.
Zurück zu den handgebrannten Steinen. Ich weiß also die physische Arbeit zu schätzen, und wohl auch deshalb beglückt es mich, eine Ziegelsteinmauer anzusehen. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass jeder Stein eine Geschichte erzählt. Der Maurer, der ihn zum Ganzen gefügt hat, ist lange schon verstorben. Die Kriege, die die Mauer überlebt hat, wurden nicht so gründlich gefilmt wie der heutige. Vielleicht hatten sich hinter dieser Mauer die deutschen Mörder einquartiert, die wenige Tage nach Beginn der Okkupation Poltawas viele jüdische Mitbürger ermordeten, nicht weit hinter dem heutigen zentralen Markt. Jene Mörder, welche die damals achtjährige Klawdia zu einem Teller Suppe einluden. Das Mädchen war am Tag nach dem Massenmord am Rande des Geländes gewesen, wo die Erde noch atmete, wo noch dumpfes Stöhnen in der Erde zu hören war, weil unter den vielen Toten noch einige Menschen noch lebten. Und das Mädchen hatte Hunger und wusste, dass es die Mörder waren, die sie zu einem Teller Suppe einluden. Und die Mörder wussten nicht, dass das Mädchen selbst eine Jüdin war, sie und ihre Schwestern und ihre Mutter.

PS: Ich wollte eigentlich einige Vorhaben fürs neue Jahr formulieren, aber der Anblick der Steine faszinierte mich zu sehr. Und jetzt bin ich hungrig, werde schnell bisschen Hühnerfleisch braten, dann im Zentrum spazieren, dann Freunde vom Deutschen Sprachclub treffen. Und abends „Marx gegen Moskau“ bis zum Ende lesen – interessant die Parallelen zwischen dem 19. Jahrhundert und dem 21. – Marx beschreibt die „Feigheit, Zaghaftigkeit und Halbherzigkeit“ der westlichen Regierungen, „das System der halbherzigen Maßnahmen und nutzlosen Verhandlungen“, insbesondere der englischen Politik.
„Obgleich es für Marx auf der Hand lag, dass es darum gehen müsste, die Kräfteverhältnisse auf dem Schlachtfeld zu drehen, ertönte an allen Orten merkwürdigerweise der Ruf nach ‚Verhandlungen’“.
„Aufstieg Russlands bedeutete Niedergang aller anderen Fürstentümer und Republiken, das Endes des ukrainischen Hetmanats und die Zerschlagung Polens. Es ist Einigung durch Eroberung, Vereinigung durch Unterwerfung, Anpassung an die Bedürfnisse des Zentrums (Moskau), Herrschaft ohne Vertragsabschluß. Die von Moskau Beherrschten sind keine politischen Rechte genießenden Bürger, sondern zur Treue verpflichtete Untertanen. … Russland schafft keine politischen Einheiten, sofern vernichtet sie; es lässt keine freie Presse zu, sondern die Zensur walten; die physische Gewalt herrscht nicht ausnahmsweise, sondern in der Regel. Es hat eine eigene, rein reaktionäre Mission: mittels der zu brechenden Macht des Westens (und damit auch des Proletariats) das wahre Kaiserreich auf Erden zu errichten und die Welt von Moskau aus zu beherrschen.“

aus Timm Graßmann, „Marx gegen Moskau, Zur Außenpolitik der Arbeiterklasse“

Einige Höhepunkte des Jahres 2024

Poltawa, 29.12.2024
1. Wir leben. Ich lebe, fast alle mir nahen Menschen leben. Lenotschka und „Rucksack“ leben.
Rock’n’Roll-Gitarrist Andrej lebt. Artjom lebt. Bolschewik lebt. Jura lebt (nach 6 Jahren Horror an der Front.)
2. Frau W. aus Hannover hat 200.000 Euro gespendet, fast alle ihre Ersparnisse. Es sei ihr eine Herzensangelegenheit, sagt sie.
3. Ich konnte dabei helfen, vier Autos für unsere Verteidiger zu besorgen.
4. Ich konnte ca. 3000 Euro Spendengelder „verteilen“.
5. Ich habe eine eklige Virus-Erkrankung überlebt.
6. Ich konnte mit meinem Sohn Urlaub machen.
7. Ein deutscher Schachfreund schenkte mir das Kompliment, ich sei zäh / schwer zu besiegen. Ein ukrainischer Schachfreund schenkte mir das Kompliment, niemand spiele so wie ich.
8. Mein Erzeuger hat das Zeitliche gesegnet.
9. Mir ist ein neuer Sohn zugelaufen. Falls er wirklich mein Sohn ist, so habe ich ihn im Alter von 16 Jahren gezeugt. Er ist ein gütiger Mensch, aber manchmal muss ich mit ihm schimpfen. Er hat mehr Kriegsverletzungen als ich seelische.
10. Tankist lebt. Eine ruzzländische Drohne hat ihm das Bein zerfetzt. Er kann wieder laufen, aber nicht schnell.
11. Bandurist ist wach wie eh und je. Mit ihm kann ich stundenlang Gedanken-Ping-Pong spielen. Das ist schön.

Einige schreckliche Höhepunkte des Jahres 2024

Poltawa, 29.12.2024
1. Ein Freund in B., südlicher Oblast Charkiw, 30 km vom Oblast Donezk entfernt:
„Nimm bitte diese Lampe als Geschenk, denn von uns wird nichts bleiben, aber wenigstens diese Lampe soll überleben. Es ist eine besondere Lampe, denn ihre leuchtenden Kristalle stammen aus den Salzminen von Solidar. Ob wir jemals wieder dort sein werden?“
„Von uns wird nichts bleiben“ – weil wir bis zum letzten Mann kämpfen werden.
2. Grinsender feixender kichernder deutscher Bundeskanzler: „Trotzdem würde ich nicht jedem (Freund) alle Waffen geben.“ Heißt: Ich wasche meine Hände in blutiger Unschuld, tralalalala.
3. Mein Freund Pascha ist nicht mehr da. Bei seinem ersten Kampf schoss ein feindlicher Panzer auf ihn.
4. Ruzzländische Propagandisten unzählige Male im ruzzländischen Staatsfernsehen: „Kyiv, Dnipro, Charkiw und Sumy müssen vollständig vom Erdboden verschwinden. Großbrittanien erledigen wir mit einer Bombe.“
5. Unzählige nützliche Idioten in Deutschland: „Aber die ruzzen haben doch gesagt, wo für sie die roten Linien verlaufen.“ Bedeutet: Wenn wir brav sind wird uns nichts passieren. Wenn wir den Mördern die Hände küssen werden sie uns nicht ins Knie fi …
6. Rechnung des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel: Wert der deutschen Militärhilfe für die Ukraine – vier Euro monatlich pro Kopf der Bevölkerung.
7. Etliche Verkäuferinnen in Poltawa: „Warum? Was haben wir getan?“
8. Anna Vero Wendland, 1.8.24:
«Die Deokkupation der Ukraine kann nicht kommen, weil sie im Westen keiner ernsthaft will. Es sollten sich also die Entscheider von Biden bis Bundeskanzler nicht über die @Buendnis_SahraW -Antiwestler erheben; sie sind nicht besser, nur verlogener. Sie machen der Ukraine Westintegrations-Perspektiven vor, die zu verteidigen und abzusichern sie aber nicht willens sind. Dieses Locken & Fallenlassen war der Beitrag des Westens zum russischen Überfall auf die Ukraine.“
9. Tagebuch, Sommer:
Deutschlands „Vorzeigephilosoph“ Habermas behauptet: „Unter Führung der USA hält der Westen den Krieg gewissermaßen am Laufen – ohne erkennbare Versuche, ihn einzudämmen.“
Wie man Völkermord mit Diplomatie „eindämmen“ und Terroristen gesund beten könnte, das erklärt er nicht, aber er bleibt seinem selbstverliebten moralischem Rigorismus treu:
„Ganz unabhängig vom Widerstandswillen der Ukrainer trägt der Westen mit seiner logistischen Hilfe und seinen Waffensystemen eine Mitverantwortung für die täglichen Opfer des Krieges – für jeden weiteren Toten, jeden weiteren Verwundeten und jede weitere Zerstörung von Krankenhäusern und lebenswichtigen Infrastrukturen.“
Heißt: Wenn die Ukrainer sich bereitwillig versklaven und / töten lassen würden, müssten die ruzzen keine Krankenhäuser zerstören.
10. Büchner-Preisträger D.G.: „Dieser Krieg wird nur von einem Mann geführt, von …“ Wladimir Putlerowski.
11. Wir sitzen mit Freunden im Park, erholen uns mit Wässerchen, ich äußere die Absicht meinen deutschen Pass zu verbrennen, ICH WILL KEIN DEUTSCHER SEIN; ICH WILL KEIN FEIGLING SEIN; ICH WILL DEN MÖRDERN NICHT HELFEN!
Olena, trocken: Deinen deutschen Pass solltest du in Berlin auf einem öffentlichen Platz verbrennen, nicht hier im Park.
Stimmt, ich bin nicht so mutig, wie ich sein möchte, handle nicht immer so durchdacht wie ich sollte und könnte. Ich gelobe Besserung.

Keine Chance für Lilie Marleen – Notizen zum Krieg (13)

Poltawa, 19.12.2024
Massenmörder mit Humor
Habt ihr es mitbekommen? Der putler hat heute einen wichtigen Kriegsgrund verraten. Ihm war langweilig. Stagnation, nichts passiert, man braucht Ausschweifung, will mal wieder morden, ein Volk unterwerfen, ein Land in die Steinzeit bomben. Dann pfeifen einem zwar die Kugeln um den Kopf, aber lustig ist es irgendwie doch, für einen wie ihn, so fröhlich erzählte er das heute.
Diesem Zynismus sind die politisch Verantwortlichen im Westen nicht gewachsen. Ich schrieb ja schon vor einiger Zeit, dass man das, was man im Westen als Verbrechen bezeichnet (Angriffskriege, Völkermorde etc.) in Russland als Kunst und als Fröhliche Wissenschaft lehrt und praktiziert.
Der putler hat heute dem Westen auch ein Experiment vorgeschlagen – „Gebt ein Ziel in Kyiw an, bringt eure gesamte Luftabwehr dorthin, und wir feuern die (Mittelstreckenrakete) Oreshnik dorthin – dann sehen wir mal, was passiert!“ Wie lustig, wenn die Rakete nicht abgeschossen werden kann, wenn man ungestraft töten kann und vielleicht „versehentlich“ ein Kinderkrankenhaus trifft ? Dann hat „der Westen“ eben verloren, ätsch, bätsch.
Offenbar haben in diesem Krieg nur zwei Leute Spaß, der oben genannte Massenmörder und der deutsche Bundeskanzler, der sich gern als „Friedenskanzler“ inszeniert. Letzterer vergnügte sich ja köstlich als er sagte, ich muss ja meinen Freunden nicht alle Waffen geben. Ha, ha, witzig, was bin ich doch für ein toller Hecht.
Ungarns Ministerpräsident Orbán geht währenddessen mit der Idee eines Waffenstillstands zu Weihnachten hausieren. Aber es gibt kein Lied, dass die Soldaten der Kriegsparteien gemeinsam singen oder auch nur hören wollten, keine neue Lilie Marleen.

Anm.:
Bei der Eröffnung seiner jährlichen „Pressekonferenz“Bürgersprechstunde“ scherzt der putler, dass „wir“ (Russen) uns gelangweilt haben, als es noch keinen Krieg gab. Vor dem Krieg, so scherzt er, herrschte Stagnation (das war tatsächlich so), deshalb wurde der Krieg begonnen. Hunderttausende von toten Ukrainern und Russen, ganze Städte zerstört und verlassen, und er lacht darüber.

Notizen zum Krieg (12)

Poltawa, 13.12.24
Gestern habe ich zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder getanzt, allerdings nicht ganz nüchtern. Nachdem wir die humanitären Hilfsgüter wie Feuerlöscher, Winterkleidung und Spielzeug und das Auto aus der Schweiz ab- und umgeladen hatten, sind wir mit V. in die Kneipe gegangen, dorthin kamen noch der „Volksschauspieler“ Fürst und Dima Bandurist. Vier Männer, die sich seit Jahren kennen, einander helfen und vertrauen und schon Etliches miteinander erlebt haben. Zwei Krieger in Uniformen, zwei Helfer.
Ich habe mich mal wieder entschuldigt für die deutsche Regierung, insbesondere den Kanzler, für die vielen Unterwerfungspazifisten und Traumtänzer in Deutschland, die Wirklichkeitsverdränger und Lügner und sich selbst Belügenden. Viele sind ja Überzeugungstäter aus Unwissenheit, wobei man ihnen vorwerfen muss, dass sie sich einbilden über Krieg und Frieden, Leben und Sterben der Ukrainer besser urteilen zu können als die Betroffenen selber. Hier eingeschlossen die ausländischen Tagesgäste, deren wichtigster Gradmesser für die Widerstandskraft der Ukrainer „die Stimmung“ ist, als wäre der Krieg ein Karneval.

Aber wir werden keinen Ausländern den Gefallen tun, nicht mehr um unser Überleben und das unserer Mitmenschen zu kämpfen, für unsere Freiheit und für unsere Würde. Die armen geistigen Häschen im Westen werden noch viel lernen müssen, und viele werden ihre heutigen Dummheiten und ihre heutige Feigheit noch heftig bereuen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. So bitter unsere Erfahrungen sind, so kostbar sind sie aber auch.
Mir juckt seit einiger Zeit der linke Zeh, ein sicheres Zeichen, dass grossartige Ereignisse bevorstehen. Ich wäre nicht überrascht, wenn 2025 ein Jahr erstaunlicher Siege wird, weil grässlicher Niederlagen und Katastrophen für die Barbaren aus den nördlichen Sümpfen. –
Nach den erholsamen Stunden in der Kneipe sind wir noch ins Kulturzentrum gegangen, wo ein grossartiger DJ für entfesselte Transzendenz sorgte …
Da draußen im Ausland soll heute 3. Advent sein, glaube ich. Ich habe schon vergessen, was das ist. Irgendwas mit Besinnlichkeit und „froher Stimmung“. Mein Gott, wenn die Leute dort nur wüssten, wie peinlich ein Grossteil ihres Geredes über uns ist. Über diese idiotische Frage, ob die Ukraine gewinnen kann, muss ich immer wieder lachen. Wenn man die Frage verneint, bedeutete dies ja im Umkehrschluss, dass die Barbaren aus den nördlichen Sümpfen Europa überrennen und zum politischen Beischlaf zwingen könnten.
Ich bin gespannt, wann man im Westen zu rechnen beginnt, nüchtern kaufmännisch zu kalkulieren. Würde ich meinen pädagogischen Impuls nicht kontrollieren, würde ich den „Freunden“ im Westen zurufen: Schaut auf die materiellen Gegebenheiten, studiert endlich ruzzalnds ökonomische Kosten-Nutzen-Rechnung, räumt den ideologischen Müll aus euren Köpfen, lernt Drohungen von Bedrohungen zu unterscheiden …
Und falls jemand mehr als vier Euro im Monat Militärhilfe für die Ukraine leisten möchte, so gibt es dafür zahlreiche Gelegenheiten. Schließlich holen die Ukrainer – holen wir – für euch die Kohlen aus dem Feuer.

Dritter Kriegswinter: die Ukraine zwischen Hoffnung und Zermürbung

Mein heutiges Interview für den Hessischen Rundfunk, ab Min. 6:50
https://shorturl.at/40eSZ

Dienstreise

Poltawa, 19.11.24
Vorfreude: Diese Woche fahre ich wieder in den Oblast Charkiw, „in den Schatten heißer Linien“, um Freunde und Kämpfer zu treffen, Veteranen und Versehrte. Sie bauen dort ein Reha-Zentrum auf, vielleicht kann ich helfen mit Ratschlägen und Kontakten, schaun wir mal, die Gastgeber hoffen es. Gut, dass ich mal wieder aus meiner Komfortzone herauskomme. Poltawa ist derzeit fast zu schön; weißes Herbstlicht auf weißen Häusern, da schmerzen manchmal die Augen.

Was mich oft wundert: Eigentlich müssten die älteren Ostdeutschen den Krieg hier besonders gut verstehen. Weil sie den Unterschied zwischen Drohung und Bedrohung noch aus der Zeit der deutschen Teilung kennen sollten. Die alte BRD drohte der DDR nicht, schon gar nicht militärisch. Aber sie war doch die schlimmste Bedrohung für die Existenz Ostdeutschlands, dank ihrer Attraktivität, ihrer Freiheiten und wirtschaftlichen Erfolge, ihrer geilen Musik, ihrer schönen Autos etc. Je friedfertiger, bunter, verspielter und selbstverliebter, desto bedrohlicher für die Macht der Greise in der DDR.
Das gleiche gilt heute für den Westen und die Ukraine im Verhältnis zu Russland. Je freier, friedlicher und erfolgreicher die westlichen Modelle, desto bedrohlicher für Russland. Dafür muss ihm niemand militärisch drohen.
Putin hat das übrigens erkannt, indem er (im Interview mit Kissiljow) sagte, dass die Leute, die sich im Westen für Verhandlungen und für friedliche Kompromisse einsetzen, für Russland gefährlicher seien als diejenigen, die mehr Waffenlieferungen fordern. Die Pazifisten sind für Putin-Russlands Existenz gefährlicher als die „Bellizisten“. Erstere wollen Russland wieder „einlullen“ und zum friedlichen Wettbewerb verführen – wo Russland wie die DDR gegenüber der BRD den Kürzeren ziehen wird. Aber die „Waffenlieferanten“ glaubt man mit Gewalt bezwingen zu können, zur Tributpflicht zwingen zu können. Irgendwann werden sie ja doch zurückzucken und einknicken, so die Rechnung.

Moderne Mythen
Ein beliebtes Argument der Möchtegern-Pazifisten und „Friedens-Mainfest-Unterzeichner“ in Deutschland: die USA hätten den Maidan finanziert, lt. Victoria Nulands Äußerung über die 5 Milliarden Entwicklungshilfe.
Hochgerechnet waren das monatlich ca. 47 Euro-Cent pro Ukrainer, von 1991 – 2013. Dafür haben die Ukrainer ihre Atomwaffen abgegeben. Die 47 Cent für Ukrainer bewerteten in Deutschland u.a. westlichen Ländern „engagierte Prominente“ als Beweis für ein langjähriges intrigantes Verhalten der USA.

Bei vielen Zeitgenossen erinnert die Art und Weise, wie sie Argumente vortragen, an Berggorillas – brusttrommelnd, um die eigene Kampfkraft zu signalisieren. „Ich habe Recht“ ist wahrscheinlich der häufigste Satz der Epoche.

PS: Wieder Luftalarm. Der Heulton der Sirenen ist die meistgespielte Musik unserer Zeit.

Kommentar Jens Piske:
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hat die Ukraine in dem Zeitraum die 5 Milliarden bekommen, Russland jedoch 20 Milliarden. Und wieder einmal sieht man deren Dankbarkeit.

Meine Antwort:
Die ruzzen haben ja von den USA Geld bekommen für die Verschrottung der ukrain., kasach., belarus. Atomwaffen. USA haben ruzzland das Monopol an Nuklearwaffen zugestanden. Statt „Herrsche und teile!“ zu praktizieren.
Aber gut, Georg Bush d.Ä. hat ja vor dem Kyiver Parlament den Ukrainern sogar geraten, keine Unabhängigkeit anzustreben !!! Und im Westen erzählen die Friedenschwurbler, die USA hätten die Unterstützung der Ukraine langfristig als anti-ruzz. Projekt betrieben. Irre.

1000 Tage

Poltawa, 18.11.2024
1000 Tage heißer Krieg, arbeitsteiliger Kampf um Leben und Tod, Freiheit oder Sklaverei, Sein oder Nichtsein. Ein makabres Jubiläum, aber es wird nicht das letzte sein. Der Aggressor wird nicht klein beigeben, wenn er nicht dazu gezwungen wird, nicht bloß: gezwungen sein wird. Russlands illegitimer Präsident würde wie Hitler im Bunker noch Armeen befehlen, die gar nicht mehr existieren oder deren „zerschlagene Reste“ in sumpfigen Landschaften umherirren.

Derzeit genießen die Banditen im Kreml die Ängstlichkeit der reichen Westler, die aus russischer Sicht „in Schokolade leben“. Wie Stalin ist auch der jetzige Kriegsherr im Kreml vor allem Sadist, dann erst Marxist oder Nationalist. Die Frage, ob er im klinischen Sinne verrückt oder in irgendeinem menschlichen Sinne berechenbar und ein rational Handelnder sei, wird im Westen leider immer wieder mit dem schematischen Entweder-Oder-Maßstab diskutiert. Dabei schließt das eine ja das andere nicht aus. Auch Serienmörder handeln innerhalb ihrer Wahnsysteme rational und effektiv.

Im Westen übersieht man bei der Ergründung der Ursachen des Krieges in unschöner Regelmäßigkeit die Sphären Geschichte und Ökonomie.
1. Zur Kontinuität russischer Gewaltgeschichte: Der Holodomor, die staatlich verordnete Tötung durch Hunger, der in den 1930er Jahren mindestens drei Millionen Ukrainer zum Opfer fielen, wurde in Moskau in den gleichen Gebäuden geplant und organisiert, in denen der heutige Genozid an den Ukrainern geplant und organisiert wird, im Kreml und in der Lubjanka. Der „Ehrentag“ des russländischen Inlandsgeheimdienstes ist der Geburtstag des Gründers der Tscheka, Stalins erster Henker Feliks Dzierżyński. Der Holodomor wurde inzwischen (2021) auch vom verschnarchten Deutschen Bundestag als Völkermord anerkannt. Den derzeitigen Genozid wird demnach ein Bundestag in 90 Jahren als höchste Form des Verbrechens einstufen.

2. Um Putin-Russlands ökonomische Kosten-Nutzen- oder Gewinn-und-Verlust-Rechnung zu verstehen, benötigt man Fachwissen, das auch unter den besten westlichen Analytikern selten ist, deshalb ist es nicht erstaunlich, dass diese Sphäre unterbelichtet ist.

PS. Ich bereite mich auf ein Interview für den Hessischen Rundfunk vor. Derzeit ist wieder Luftalarm. „Aktivität der feindlichen taktischen Luftwaffe!“

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